Ende 2014 veranstaltete der Falter eine Blitzumfrage zu Goethes „Faust“. Stefanie Sargnagel antwortete: „Ich lese überhaupt dramatische Sachen extrem ungern“. Seitdem hat die nunmehr 31-jährige Autorin selbst eine „dramatische Sache“ geschrieben, wenn auch nicht mit dieser Absicht. Die Regisseurin Christina Tscharyiski teilt Sargnagels mit dem Publikumspreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs 2016 ausgezeichneten Text „Penne vom Kika“ auf drei junge Schauspielerinnen auf, und keine davon wird eine rote Baskenmütze tragen. Gespickt mit übrigem Textmaterial der Autorin kommt der Abend unter dem Titel „Ja eh – Beisl, Bier und Bachmannpreis“ am 19. April auf die Bühne des Rabenhoftheaters.
Auf dieser Bühne wird auch Voodoo Jürgens stehen. Der Liedermacher wurde gebeten, das Stück mit seiner Band musikalisch zu begleiten, teils mit bekannten Nummern, teils mit neuen, von Sargnagels Text inspirierten. Jürgens und Sargnagel kennen sich von früher, hingen vorm Flex ab und besuchten die gleiche Abendschule („Nicht selbe Klasse, aber selber Raucherhof“). Die aktuelle Zusammenarbeit – wiewohl sie de facto nicht zusammen daran arbeiten – war dennoch nicht ihre Idee, sie geben sich vertrauensvoll der meist sicheren Besetzungsspürnase des Rabenhofs hin.
Er hat noch nicht mitgeprobt, sie noch keine Proben gesehen: Unbelastet von jeglicher Erfahrung mit dem Theaterbetrieb sollen die beiden Friends of the Falter im Zuge eines gemeinsamen Interviews im Rabenhof erstmals im Rahmen dieses Projekts zusammentreffen. Aber Voodoo Jürgens taucht nicht auf, er hat vergessen. „Der David kommt immer zu spät“, schmunzelt Sargnagel, auf den bürgerlichen Namen des Kollegen anspielend. Auf dem Bankerl vorm „Gemeindebautheater“ findet zunächst also nur ein Sologespräch statt. Nach der Aufregung um Hasspostings von Kronenzeitung-Lesern und der Facebook-Sperre im Zuge der sogenannten #babykatzengate-Affäre nach Sargnagels Reisebericht aus Marokko gibt es aber ohnehin genug zu besprechen.
Falter: Frau Sargnagel, sollten Sie nicht eigentlich in Klagenfurt sein, wo Sie letztes Jahr einen Bachmannpreis gewonnen haben und derzeit als Stadtschreiberstipendiatin tätig sind?
Stefanie Sargnagel: Ich wäre eh viel lieber dort, meine Wohnung ist so schön. Aber es geht halt nicht immer. Die von der Stadt haben mir gesagt, sie freuen sich, wenn ich mich einbringen will, aber ich darf auch einfach in der Wohnung sein und an meinem Buch arbeiten. Ich hätte eh total Lust auf komische Veranstaltungen, und ich find’s dort total herzig. Ständig reden mich irgendwelche alten Schrullen auf der Straße an und erzählen mir irgendwas über ihr Leben oder über Klagenfurt. Alles urnette, linke Leute.
So viel Freundliches hört man hier selten über Klagenfurt.
Sargnagel: Nach dem Kronenzeitung-Ding haben mich urviele angesprochen: „Lass di net unterkriegen!“ Es kennen mich mehr Leute als in Wien, weil ich in „Kärnten heute“ war. Wenn du in „Wien heute“ bist, hat das vielleicht irgendwer gesehen, aber dort haben’s alle gesehen. Ich war am Kreuzbergl spazieren, und nur Pensionisten: „Ah, die Frau Stadtschreiberin!“ In Wien werde ich viel weniger angesprochen, und wenn, dann eher von Studenten und Bobos.
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