Zu seinem Impulstanz-Stück: Choreograf und Akrobat Alexander vantournhout über die grenzen zwischen Zirkus und Tanz
In seiner Geburtsstadt Brüssel lernte Alexander Vantournhout erst Zirkuskunst, dann schob er eine zeitgenössische Tanzausbildung hinterher. Bei ImPulsTanz machte seine Compagnie Not Standing im Vorjahr mit dem schwindelerregenden Akrobatikstück „Foreshadow“ auf sich aufmerksam. Dieses Jahr kehrt Vantournhout zum Festival zurück und zeigt etwas völlig anderes: ein kleines, feines Duett mit Bühnenpartnerin Emmi Väisänen. In „every_body“ sezieren die beiden Bewegungen des Alltags, darunter Gehen, Sitzen – und Handschütteln.
Falter: Herr Vantournhout, was hat Handschütteln im Tanz zu suchen?
Vantournhout: Der Handschlag ist etwas sehr Demokratisches. Manchmal kann er übergriffig sein, wenn jemand einen sehr festen Händedruck hat, aber im Prinzip ist er das absolute Minimum an Berührung, auf das wir uns geeinigt haben. Alle wichtigen Leute haben einen choreografierten Handshake, Trump zum Beispiel. Das Interessante ist: Man macht nie die gleiche Armbewegung zurück wie hin, sonst sieht es künstlich aus. Ich habe viel recherchiert, wie ein Handschlag zu komplexeren Griffen mutieren kann. Das wird mitunter recht poetisch, ebenso wie andere Alltagsbewegungen.
Was fasziniert Sie an diesen Bewegungen?
Vantournhout: Gehen zum Beispiel ist etwas extrem Kompliziertes. Es gibt Roboter, die in Wettläufen gegeneinander antreten, aber gegen Menschen haben sie keine Chance. Außerdem verfügen wir alle über einen speziellen Gang. Eine Person ist von weitem anhand ihres Ganges leicht zu identifizieren, aber nicht mehr unbedingt, wenn sie steht. Im Stück bilden meine Kollegin und ich beim Gehen einen Kollektivkörper, halten einander im Gleichgewicht, verschränken die Beine. Es sieht kompliziert aus, fällt uns aber in Wahrheit leicht.
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