Mathias Énard tanzt den „Tanz des Verrats“ zwischen Stilformen und Lebenswelten
Der französischen Originalleserschaft von „Déserter“ beschert Mathias Énard eine Reihe von Zungenbrechern. Paul Heudeber und Maja Scharnhorst heißen die Protagonisten, diverse Berliner Kieze und auch sonst ziemlich deutschlastiges Namedropping durchziehen den neuesten Roman des Autors von „Zone“ und „Kompass“. Die Übersetzung mit dem Titel „Tanz des Verrats“ liest sich für uns also glatter als vorgesehen.
In zwei inhaltlich unabhängigen und stilistisch höchst unterschiedlichen Erzählsträngen beschreibt Énard Ausformungen von Verrat: Ein Deserteur in einem nicht näher benannten Krieg schlägt sich durch die wilde Natur. Dabei rettet er das Leben eines Esels und das einer Frau, die fest davon ausgeht, von ihm vergewaltigt zu werden. In der Rückschau des 21. Jahrhunderts, unter anderem im Rahmen einer auf einem Havel-Schiff just am 11. September 2001 abgehaltenen Konferenz, blickt die Historikerin Irina Scharnhorst auf das komplizierte Leben ihrer Eltern Paul und Maja zurück. Sie lebten auf entgegengesetzten Seiten der Berliner Mauer und verrieten einander auf mannigfaltige Weise. Paul war ein berühmter Mathematiker, aber auch Lyriker.
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