Der serbische Regisseur Miloš Lolić und die ivorisch-deutsche Theatertruppe Gintersdorfer/Klaßen bringen österreichische Elfriede-Jelinek-Erstaufführungen auf die Bühne und verwickeln die Texte der Literaturnobelpreisträgerin dabei in komplexe Seilschaften oder spielen mit ihnen Tennis. Aber kommt es auch zum Matchball?
28. April 2023. Mit Ende der Spielzeit übergeben Ali M. Abdullah und Harald Posch die Leitung des von ihnen so benannten Werk X in Wien-Meidling an Esther Holland-Merten. Die Website zeigt einen Countdown, und gegangen werden soll mit einem Knall. So weit, so klar, kompliziert wird’s jetzt: Kurz vor Saisonabschluss steht ein Elfriede-Jelinek-Marathon an, der Literaturnobelpreisträgerin war das Haus seit jeher zugetan. Vier jeweils maximal einstündige Inszenierungen werden am 13. Mai zu sehen sein. Premiere werden sie aber schon vorher gehabt haben, eine am 10., eine am 4. Mai und die ersten beiden am 27. April. Ein Knall in Etappen.
Faschingsparty der Systemrelevanten
Der serbische Regisseur Miloš Lolić versteht zwar kein Deutsch, aber nach Arbeiten in Frankfurt und Wien einiges von Jelinek. Er macht den Auftakt mit der österreichischen Erstaufführung von "Aber sicher! (Eine Fortsetzung)", einem auch schon zehn Jahre alten Appendix zu den legendären "Kontrakten des Kaufmanns". Um Bankenrettungen und Versicherungen geht es da, um Ödipus und den Finanzkapitalismus.
Mit Wäschesäcken ausgestattet, betreten nacheinander die Spieler:innen den Raum. Kaum haben die Münder begonnen, Jelineks typische Assoziationsketten frontal dem Publikum hinzustellen ("sprech und sprech und sprech so dahin"), starten auch die Restkörper in rastlose Rituale: Die Umzüge kaskadieren wie die Worte, Uniformen werden an- und wieder ausgezogen, Polizei, Feuerwehr, Müllabfuhr – eine Faschingsparty der Systemrelevanten.