Fiston Mwanza Mujila ist ein literarischer Vermittler zwischen den Kulturen – der Schriftsteller aus dem Kongo lebt seit 2009 in Graz. 2021 wurde er für seinen zweiten Roman „Tanz der Teufel” (Zsolnay) mit dem Prix Les Afriques ausgezeichnet, wie auch schon in „Tram 83“ ist es darin vor allem die Musik, die den Rhythmus vorgibt. Inspiriert vom kongolesischen Tanz, der eng mit der Identität des Landes verknüpft ist, verdichten sich im Roman die Auswirkungen von Kolonialisierung, Bürgerkrieg und Armut. Im Interview spricht der Autor über die Kunst der Übersetzung, kulturelle Unterschiede im Theater und warum man nicht immer alles verstehen muss. Fotos: Beatrice Signorello.
Buchkultur: Sind Sie oft im Kongo?
Fiston Mwanza Mujila: Ja, mindestens einmal im Jahr. Ich möchte diesen Nabel zu meinem Heimatland behalten. Ich finde, das ist wichtig als Mensch und auch als Schriftsteller und eine Inspirationsquelle. Jedes Mal, wenn ich im Kongo bin, werde ich viel gefragt, Lesungen zu halten. Und meine Familie lebt in Lubumbashi, ein paar Geschwister sind in Südafrika. Ich bin der Einzige aus meiner Familie, der in Europa ist.
Wie findet das Ihre Familie?
Es ist schon seltsam für sie. Meine Familie reist sehr wenig. Lubumbashi ist eine Minenstadt im Süden. Dort stellt sich das Leben einfacher dar: Man studiert, man heiratet, man findet einen Job. Man arbeitet, zu Hause wartet die Frau oder der Mann und die Kinder, und fertig.
Arbeiten Ihre Eltern noch?
Nein. Mein Vater ist letztes Jahr verstorben. Davor war er schon seit ein paar Jahren pensioniert.
Kommen wir zu Ihrem neuen Roman. Wenn man den Titel „Tanz der Teufel“ googelt, kommt als Erstes der deutsche Titel von „The Evil Dead“, einem amerikanischen Horrorfilm.
Das wusste ich gar nicht. Aber ich finde es sehr interessant, was bei der Übersetzung passiert. Übersetzung ist auch eine Kunst. Ich denke, mein Text auf Deutsch ist nicht unbedingt mein Text, sondern ein anderes Werk.
Die deutsche Übersetzung stammt von Katharina Meyer und Lena Müller. Die beiden haben schon Ihren Debütroman „Tram 83“ übersetzt und dafür mit Ihnen zusammen 2017 den Internationalen Literaturpreis für übersetzte Gegenwartsliteraturen erhalten. Inzwischen können Sie sicher noch besser Deutsch als damals. Haben Sie an der neuen Übersetzung stärker mitgearbeitet?
Ich stehe allgemein sehr ungern im Rampenlicht. Sie sind professionelle Übersetzerinnen und sollen meine Romane so bearbeiten, wie sie es für richtig halten. Man übersetzt ja nicht nur eine Sprache, man übersetzt eine Kultur, eine Stimmung, die Atmosphäre, Geräusche, Charaktere und Protagonisten. Meine Charaktere sprechen vielleicht besser Deutsch oder Englisch oder Spanisch als ich. Deshalb ist mein Buch auf Deutsch oder Englisch eher wie eine Reise in meinen eigenen Charakter, raus aus meinem eigenen Universum.
Aber Sie haben die Übersetzung bestimmt gelesen, oder?
Natürlich, ich habe auch mit den Übersetzerinnen darüber gesprochen. Es war wirklich spannend, denn sie mussten viele Wörter auf Deutsch erfinden. Ich habe nämlich viele Wörter geschaffen, die nicht realistisch sind. Die deutsche Fassung klingt in meinen Ohren ganz anders als die französische, sie hat ihre eigene Musikalität und Sensibilität. Die Übersetzerinnen sollten ihre eigene Musikalität und Sprache finden. Das ist nicht meine Sprache. Wenn meine Sprache ein Saxofon ist, dann ist die deutsche Übersetzung vielleicht eine Trompete, eine Violine oder eine Bassklarinette.