In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
„Es ist die düstere Geschichte eines Revolutionärs, der sich nach einem blutigen Coup vom anarchistischen Komitee verraten fühlt und auf eigene Faust weitermacht“, heißt es in der Rubrik „Buchmarkt international“ der allerersten Ausgabe der Buchkultur 1989 über „Das Leben ist zum Kotzen“ von Léo Malet. Da war der 1948 erschienene erste Teil der „Schwarzen Trilogie“ wohl gerade in deutscher Übersetzung herausgekommen, der französische Autor und Anarchist (1909–1996) aufgrund seiner Paris-Krimis bekannt. Ein Exemplar kostete laut Buchkultur 1 „ca. öS 150,-“.
Jeder der drei Bände hat einen anderen Protagonisten und Ich-Erzähler, denn dieser stirbt am Ende stets einen spektakulären Tod durch die Staatsgewalt. Jean Fraiger aus „Das Leben ist zum Kotzen“ macht den Anfang als Erzschurke aus tiefster Überzeugung, der uns seinen Weltekel nicht nur mit dem titelgebenden Slogan, sondern in jedem Satz zu verstehen gibt: „Allgemein aß ich wenig. Diese Tätigkeit widerte mich an“, schreibt der selbsternannte Held des Widerstands gegen eh alles und erinnert an später Manifeste verfassende Amokschützen, agiert aber professioneller und selbstbewusster. „Die jämmerlichen Idioten, die um mich herum gingen und mich gelegentlich anrempelten, wussten nicht, dass sie mit dem Killer in Berührung kamen, dessen Blutgier auch die Hartgesottensten erschreckte. Ich war kein gewöhnlicher Gangster. Eines Tages würden sie es erfahren.“ An diesem Tag wird Fraiger von der Polizei erschossen.
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