Vor dem Hintergrund des auftrumpfenden Nazitums versetzte Ödon von Horváth den bekannten frisierenden Kammerdiener "Figaro" dereinst in die 1930er Jahre. Martina Gredler und ein spielfreudiges Ensemble mengen der Story nun noch eine Prise Feminismus bei.
5. Februar 2022. Kaum sind die Saaltüren zu, werden sie schon wieder aufgerissen. Subito spielen die Wladigeroff Brothers ihr Klavier und ihre Trompete, und im ganzen Vorhaus des Klagenfurter Stadttheater herrscht Tumult, panisches Rufen. Rasanteste Komödie scheint angesagt, als Herr und Frau Figaro, Graf und Gräfin Almaviva im Huckepack, vor einer Revolution auf die Bühne fliehen.
Verlogene Ultima Ratio
"Figaro lässt sich scheiden" ist Ödön von Horváths weniger glamouröse Fortsetzung der Beaumarchais-Lustspiele "Der Barbier von Sevilla" und "Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit". Schwer geplagt vom erstarkenden Faschismus, wollte der Autor mit bekanntem Figurenpersonal einmal mehr zeigen, wie sich Politik aufs Private auswirkt. Der frisierende Kammerdiener unterstützt den Aufstand durchaus, obwohl er ihn die Heimat kostete. Er sei ja sowieso ein "Emigrant aus Liebe" und nur seiner Frau Susanne wegen mitgegangen, sagt er. Wozu das führen wird, verrät der Titel.
In Klagenfurt übernahm Martina Gredler die Regie. Sie ist – ebenso übrigens wie fast alle Schauspieler:innen – dem Wiener Theaterpublikum bekannt. Gredler gilt als kompetente Handwerkerin in verschiedenen Genres, nach Möglichkeit stärkt sie, wenn sie nicht gerade komplett weiblich besetzt, die Frauenrollen. Das bedarf hier einiger Tricks: In einer berührenden Szene lässt der Graf – herrlich aristokratisch und haarscharf an der Karikatur vorbei genäselt von Dominik Warta – seine Frau nach einem Streit im Schneefall stehen. Elisa Seydel hört sich die schon deutlich weniger ausgelassenen Klänge der Wladigeroff Brothers eine Zeitlang an, fordert dann Ruhe und tritt mit einem "Ich verzeihe nicht!" an die Rampe.