Die Initiative Kill the Trauerspiel knöpft sich eine der letzten Bastionen des Patriarchats vor: das Theater
Das Gleichgewicht kippte rasch. Vier Jahre lang wurden die zwei größten Sprechbühnen Wiens, das Burgtheater und das Volkstheater, von Frauen geleitet. Dann entschieden sich sowohl die erfolgsverwöhnte Karin Bergmann als auch die eher glücklose Anna Badora, keine Verlängerung ihrer Direktionen anzustreben. Die Nachfolger sind Männer.
Auch bundesweit lassen sich die Intendantinnen großer Theater- und Opernhäuser derzeit an weniger als einer Hand abzählen. Das zu ändern, ist nicht das einzige Ziel der Initiative Kill the Trauerspiel. Das neunköpfige Kernteam – laut Mitglied Barbara Wolfram ist es „Zufall, dass wir gerade nur Frauen sind“ – wünscht sich auf allen Ebenen der Theaterhierarchie Ausgewogenheit: Diversität, faire Bezahlung und Behandlung.
Die Mitglieder von Kill the Trauerspiel eint die Überzeugung, dass ein faireres auch ein besseres Theater zur Folge hat – und ein erfolgreicheres. „Netflix macht ja auch nicht aus reiner Liebenswürdigkeit Programm für ein diverses Publikum“, meint Wolfram. Ihre Kollegin, die Schauspielerin Lisa Weidenmüller, zitiert eine Studie, wonach in Unternehmen der Wirtschaft Teams mit hohem Anteil an Frauen und Menschen unterschiedlicher Sozialisierung und Herkunft signifikant höhere Gewinne erzielen.
Auf Österreichs Bühnen werden derzeit mit überwiegender Mehrheit Stücke von Männern aufgeführt, da diese den Klassikerkanon prägen. Regisseurinnen gibt es, aber in der Unterzahl. Bei einer Podiumsdiskussion sagte Anna Badora 2019, sie könne ja einer jungen Anfängerin nicht gleich die große Bühne zumuten. Indes stand auf ihrem Volkstheater-Spielplan damals bereits die zweite Inszenierung eines Regisseurs Mitte 20.
Mehr im Falter 7/21