Das norwegische Enfant terrible Matias Faldbakken kapert für seinen neuen Roman „Wir sind fünf“ das Horrorgenre. Ein Tonklumpen wächst sich darin zu einer Art Frankenstein-Monster aus und kreiert eine eigenwillige Spannung.
Was für ein seltsamer Text! Die Bücher des bildenden Künstlers und Gelegenheitsromanciers Matias Faldbakken scheinen dafür geschaffen, diesen Ausruf zu provozieren. In den Nullerjahren war man von seiner Trilogie „Skandinavische Misanthropie“ schockiert ob der Fülle an Nazi-Chic, Porno und fäkal besprenkeltem Kulturpessimismus, am Folgeroman „The Hills“ 2018 empörte die vordergründige Abwesenheit von alledem. Jetzt, nur zwei Jahre später, hat der Norweger es wieder geschafft, sich neu zu erfinden und schon allein damit Stirnrunzeln auszulösen. Sein Roman „Wir sind fünf“ ist ein Horrormärchen ohne Sex und fast ohne Gewalt, dafür beladen mit allerlei mythischem Ballast – eine moderne nordische Deutung des Frankenstein-Stoffs.
In einem norwegischen Städtchen leben die Blystads, bis auf Vater Tormods Drogenvergangenheit eine konventionelle Familie: Tormod betreibt eine Werkstatt, seine Frau Siv ist Friseurin. Die Kinder Alf und Helene wünschen sich ein Geschwisterlein, aber Siv hat keine Lust mehr auf die Qualen der Schwangerschaft. Die stattdessen angeschaffte Hündin verschwindet zwar eines Tages spurlos, doch der Platz des fünften Familienmitglieds will nicht lange vakant bleiben: Tormods alter Saufkumpan verkauft ihm einen „intelligenten“ Tonklumpen, der sich nach Belieben verformen lässt. Der Ton wird für die Hausarbeit und zum Amüsement der Kinder eingesetzt, bis er ein Eigenleben entwickelt.
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