Hollenstein, ein Heimatbild – Vorarlberger Landestheater – Tobias Wellemeyer inszeniert die Uraufführung von Thomas Arzts Theaterbiographie über die kontroverse Malerin Stephanie Hollenstein
Bregenz, 6. März 2020. "I vergüd nur ihre Zit, gnä Herr", sagt das Mädl im Dirndl zu den Herren im Malerkittel. Puh, Mundart! Ein Vorarlberger Dialekt im Vorarlberger Landestheater, fair enough. Der Zugereiste ist dann doch erleichtert, als Stephanie Hollenstein rasch, ohne Prüfung, an der Münchner Kunstgewerbeschule angenommen wird und den Rest der knapp dreistündigen Uraufführung "Hollenstein, ein Heimatbild" hochdeutsch spricht.
Wer war Stephanie Hollenstein?
Ein Landestheater braucht Themen aus dem Land. Damit die Vorarlberger*innen nicht sagen können, es habe nix mit ihnen zu tun, was die Großkopferten ihnen vorsetzen, sucht Intendantin Stephanie Gräve nach regionalen Stoffen. So stieß sie auf die wahrlich kuriose Biografie der Malerin Stephanie Hollenstein (1886–1944). Man weiß gar nicht, welchen Aspekt man hervorheben will: Wunderkind? Offen lesbisch? So kriegslüstern, dass sie sich als Mann ausgab, um an die Isonzo-Front zu ziehen? Kämpferin für die Freiheit der Frauen?
NSDAP-Mitglied bis zum Herztod: Letztlich überschattet Stephanie Hollensteins Mitläufertum, das erst seit 20 Jahren allmählich aufgearbeitet wird, die anderen Eckpunkte. "Es sind doch nur Bilder", lässt Autor Thomas Arzt die von einem Nazi Ende der 1920erjahre umgarnte Künstlerin sagen. Das erinnert an Hendrik Höfgen in "Mephisto", der ruft: "Was wollt ihr denn alle von mir? Ich bin doch nur Schauspieler!"
Nach seinem Erfolg mit dem Anti-Heimat-Horrorstück "Grillenparz" 2011 nimmt Thomas Arzt oftmals Aufträge für dramatische Biografien an. Ganz möchte er vor dem Gebrauchstextertum aber nicht kapitulieren. Er arbeitet sich in Hollensteins Leben zwar chronologisch vor, wechselt zwischen Dialog und erzählenden Statements wie in einer Doku, seine Sprache hebt dabei aber immer wieder leicht ins Künstliche ab. Mal spiegelt sich Stephanies Naturliebe in schwülstig-schwärmerischen Beschreibungen, mal sprechen ihre Schwestern in unvollendeten Sätzen. Einigen vom Ensemble im hastigen Wechsel angenommenen Nebenfiguren tut das nicht gut, sie werden zu Karikaturen.