Ehemalige Terroristen wollten im Werk X Petersplatz über die Linke und den bewaffneten Widerstand diskutieren. Und kamen nicht über die Literatur hinaus
Manch ureigenes Thema der Bundesrepublik Deutschland bespricht sich leichter außerhalb von dieser. Wenn es um den linken Terrorismus rund um die Rote Armee Fraktion (RAF) geht, kocht bei unseren nördlichen Nachbarn schnell die Empörung hoch, wenn Beteiligte öffentliche Podien betreten. In Wien wird dann einfach über Literatur geredet.
Im Anschluss an die zweite Aufführung des Stücks „Die Reise“ nach dem autobiografischen Wälzer des von RAF-Mitglied Gudrun Ensslin verlassenen Autors Bernward Vesper (Kritik siehe Falter:Woche) moderierte Walter Famler, Leiter des Vereins Alte Schmiede, eine Diskussion über das Buch, dessen Verfasser und die ideologischen Wirren der Nachkriegszeit in Westdeutschland. Vesper war Sohn eines Nazi-Dichters, von dem er sich innerlich lösen wollte. Zuvor versuchte er noch, dessen literarisches Gesamtwerk zu veröffentlichen, wie der Anwalt, Publizist und ehemalige Liste-Jetzt-Nationalratsabgeordnete Alfred J. Noll erinnerte. Zwischen Rechts und Links hin und her gerissen experimentierte Vesper mit LSD, schrieb die 700-seitige „Reise“ und nahm sich 1972 schließlich 32-jährig das Leben.
Die Frauen auf dem Podium waren die junge Berlinerin Kathrin Herm, Regisseurin des zuvor gesichteten Theaterabends, und Gabriele Rollnik, Angehörige der RAF-nahen „Bewegung 2. Juni“. In den 1970er-Jahren beteiligte sie sich an Banküberfällen und Entführungen und brach aus einer Haftanstalt aus.
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