In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
Erzfeind, Widersacher: Wenn solche Begriffe schon im Umschlagtext auftauchen, hüpft das Schurkensammlerherz. Dabei ist die Lage bei Doktor Actyn, Chefarzt für Inneres am Hospital Piñero in Buenos Aires deutlich komplexer.
In César Airas eigenwillig selbstreferenziellem Roman „Die Wunderheilungen des Doktor Aira“ wird Actyn eindeutig als der Böse hingestellt – freilich von Doktor Aira, aus dessen Perspektive die ganze Geschichte, wenn auch nicht in der Ich-Form, erzählt wird. Ihn, den Wunderheiler, auffliegen zu lassen, scheint Actyns vorderstes Ziel zu sein, für das er den Aufwand umfangreicher Inszenierungen nicht scheut. Was das kosten muss, all die Schauspieler zu engagieren, die sich als „unheilbar“ Kranke und deren verzweifelte Pflegekräfte ausgeben!
Die Frage, ob ein Scharlatan wie Aira nicht einen gewissen investigativen Eifer verdient hat, kommt dennoch auf, obwohl er seine Aktivitäten wortreich theoretisch unterfüttert und Actyn mit Framings wie „Mastermind“, „der finstere Doktor“ oder „Hinterhalt“ beschreibt. „In seinen Augen glich Actyn den Superschurken der Comics, die sich nie weniger als die Weltherrschaft vornahmen“.
Ein kluger Spin des 50-jährigen Doktors, würden heutige Medienbeobachter:innen sagen.
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