Goodbye Kreisky – Brut Wien – Nesterval mit dem Sequel zu ihrem Nestroypreisgewinner „Der Kreisky-Test“
Wien, 25. November 2020. Was bisher geschah, teilweise lässt es sich in der Nachtkritik zu Nestervals Vorgängerproduktion "Der Kreisky-Test" nachlesen. Die war Mitte April 2020 und geprägt von großer Aufregung wegen des spontanen Einsatzes von Zoom und so. Jetzt, etliche Netztheater-Konferenzen später, sitzen wir also wieder vor unseren Rechnern.
Livestream aus dem Stadion
Auch diesmal hatte das Team um Herrn Finnland (Regie) und Frau Löfberg (Buch) ein immersives Echtleben-Theaterabenteuer geplant, in einem Fußballstadion, mit verschiedenen Kleingruppen, die den zahlreichen Performer:innen aus dem Nesterval-Ensemble treppauf, treppab durch die Räume folgen. Und auch diesmal ist ein Veranstaltungsverbot dazwischengekommen. Den Plan Z wie Zoom dürfte man diesmal schon in der Tasche gehabt haben, denn am Tag eins des Lockdowns kam die Info: Erworbene Karten (und bei diesem notorisch ausverkauften Trupp sind das stets: alle Karten) behalten ihre Gültigkeit.
Irgendwie kommt es einem aber mühsamer vor, jetzt wo es nicht mehr neu ist. Bevor es zur Sache geht, müssen Galerieansicht, Stummschalten, Bildschirmteilen nochmal ausführlich erklärt werden, in diesem Fall von Analyse044_Andrea: Pamina Puls moderiert mit einem Mix aus dienstbarer Reiseleiterin und News-Reporterin eine der sechs Break-out-Sessions, was in den übrigen fünf passiert, kann man nur erahnen. Endlich schaltet sie live (teils wirklich live, teils nur vorgespiegelt, das lässt sich nicht auseinanderhalten) in die Generali-Arena, das Stadion des FK Austria Wien, wo die 15 Überlebenden der freigelegten Untergrund-Anlage "Goodbye Kreisky" vorübergehend untergekommen sind.
Die Rituale der „Bedroten“
Auf dem Spielfeld huldigen sie in getragenen Gesängen und Tänzen ihrer Göttin, der verstorbenen Gertrud Nesterval, die dereinst mit ihrem Mentor, dem großen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky brach, um heimlich unter der Erde Wiens die wahre Sozialdemokratie zu konservieren. Was sie hinterlassen hat, ist freilich ein gar nicht utopischer Haufen marxistisch gleichgeschalteter Frömmlinge, die sich die "Bedroten" nennen (kein Rechtschreibfehler) und à la "Brave New World" unhinterfragt den ihnen zugeteilten Aufgaben nachgehen. Nur dass hier die Männer die Wäsche machen und die Frauen Politik.