Die elfte Neuübersetzung des 1869 erschienen Romans startet den achten Versuch eines deutschen Titels. Wird er bleiben?
Es kommt selten genug vor, dass das Nachwort den Höhepunkt einer Lektüre bildet. Hat man sich durch die 576 Seiten des Romans Lehrjahre der Männlichkeit. Geschichte einer Jugend durchgekämpft, sind die 67-seitigen Ausführungen der Übersetzerin Elisabeth Edl wie ein Schwumm im kühlen Bergsee nach einer anstrengenden Wanderung. Ja, die Strecke bot immer wieder eine beeindruckende Aussicht, und es war schon gut und wichtig, diesen legendären Wanderweg einmal gegangen zu sein, aber die Erfrischung am Ende hat es schon gebraucht.
Das Wohltuende an dem kenntnisreichen Nachwort ist der Teil, in dem Edl die Kritiken Revue passieren lässt, die Gustave Flaubert für L’Éducation sentimentale 1869 einstecken musste. Als heutiger Leser erkennt man manchen Gedanken wieder, der bei der Lektüre aufkam: Dass über Hunderte von Seiten keinerlei Entwicklung stattfindet, machte die einen rasend; die anderen mokierten sich, die Frauenfiguren seien eindimensional und hätten nichts zu sagen. Nur Flauberts Mentorin, die Autorin George Sand, verteidigte das Werk als revolutionäre Form des Erzählens.
Tatsächlich ist die Haupthandlung schnell erzählt: Der junge Provinzler Frédéric Moreau verliebt sich auf den ersten Blick in die verheiratete Pariserin Madame Arnoux. Obwohl sie ihn erst nicht kennt und sich ihm später aus Anstand verweigert, richtet er sein gesamtes Leben an der fixen Idee aus, sie zu verführen. Während die Geschichte Frankreichs ihren turbulenten Lauf nimmt, verspielt Frédéric alle Erbschaften und verscherzt es sich daheim am Land mit einer potenziellen Braut. Gelernt hat er eigentlich nichts.
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