Glück gehabt: Der neue Festwochen-Intendant Christophe Slagmuylder stellt seine erste Festivalausgabe vor. Begegnung: Martin Pesl, Sara Schausberger
Er weiß nicht, wo sein Bett jetzt ist. Dreimal waren sie da, um es zu liefern, er war nie zu Hause. So liegt seine Matratze immer noch auf dem Boden. Nun, da die Programmpräsentation vorbei ist, sollte er endlich Zeit haben, sich – neben beginnendem Deutschunterricht – um die Möbel in seiner Wiener Wohnung zu kümmern.
Christophe Slagmuylder hat ein intensives Dreivierteljahr hinter sich. Im Juni übernahm er die Intendanz der Wiener Festwochen. Zuerst nur interimistisch, nachdem Tomas Zierhofer-Kin sie nach gerade einmal zwei Festivalausgaben (offiziell) freiwillig niedergelegt hatte. Im Oktober wurde bekannt, dass Slagmuylder der Stadt bis mindestens 2024 erhalten bleibt. Vergangenen Donnerstag hat der gebürtige Belgier sein erstes Festwochenprogramm präsentiert.
Schlicht und doch elegant gekleidet, vermittelt der Belgier eine sympathische Lässigkeit beim Gespräch in seinem Büro. Er ist ein routinierter Festivalmacher. Bevor er nach Wien kam, leitete er seit 2007 das Brüsseler Kunstenfestivaldesarts. Seine Vorgängerin dort war übrigens Frie Leysen, die 2014 eine der spannendsten Festwochen-Ausgaben der letzten Jahre mitverantwortete und dann das Festival wegen seiner allzu starren Strukturen verließ. Auf die Frage, ob Leysen ihm nicht abgeraten habe, den Job zu übernehmen, antwortet Slagmuylder: „Natürlich hat sie das. Aber sie hat auch gesagt, ich soll mich nicht fürchten.“
Obwohl es eine Herausforderung war, eine Festivalausgabe in vier Monaten auf die Beine zu stellen, ist das Ergebnis kein Notprogramm: „Ich stehe hinter jeder einzelnen Produktion“, stellt er fest. „Ich musste einfach viel intuitiver als sonst handeln.“
Bei der Programmpräsentation im Studio Molière herrschte wohlwollende Neugier, auch eine gewisse Erleichterung war im Publikum zu spüren. Während das Programm in den letzten zwei Jahren nicht nur unübersichtlich, sondern auch dünn wirkte, hält man jetzt ein dickes Programmbuch in den Händen. An 27 Spielorten gibt es in fünf Wochen 45 Produktionen zu sehen.
Von Zierhofer-Kin übernahm Slagmuylder lediglich zwei schon geplante Projekte, wobei er betont: „Ich hätte auch zu diesen beiden nein sagen können, aber zu ihnen stehe ich wirklich.“ Es handelt sich um David Martons Musiktheaterproduktion „Narziss und Echo“ und Robert Wilsons „Mary Said What She Said“. Hier spielt der französische Filmstar Isabelle Huppert die Hauptrolle. Dass ihr Name sofort von den Medien aufgegriffen wurde, obwohl er ihn bei der Vorstellung gar nicht erwähnt hatte, ist eine Wiener Eigenheit, die er kopfschüttelnd zur Kenntnis nimmt.
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