Heuer begann die Party im Haus der Berliner Festspiele erst nach Mitternacht. Der „Faust“, die Eröffnungsproduktion des Theatertreffens, dauerte nämlich sieben Stunden. Dabei zu sein war so großartig wie fürchterlich, wie es das wahrscheinlich nur im Theater gibt.
Die Theatertreffen-Jury lädt jährlich die zehn bemerkenswertesten Inszenierungen im deutschsprachigen Sprechbühnenbereich zu einem Festival nach Berlin. Da der Sichtungszeitraum nicht einer Spielzeit, sondern etwa einem Kalenderjahr entspricht, standen von der Berliner Volksbühne diesmal Produktionen aus zwei verschiedenen Intendanzen zur Wahl, die unterschiedlicher nicht sein können. Der vielgeliebte Theaterberserker Frank Castorf hatte nach 25 Jahren eher unfreiwillig an den Museumsmanager Chris Dercon übergeben, der mittlerweile auch schon wegen Totalversagens abtrat. Castorfs Produktionen wurden vor dem Sommer 2017 abgespielt, die Bühnenbilder zerlegt, Schauspieler suchten das Weite.
Als Castorfs Monumental-„Faust“ nominiert wurde, dachten daher viele nicht, dass sie ihn je wiedersehen würden. Und doch: Mit einer unglaublichen halben Million Zusatzbudget, fünf Aufbautagen und großem logistischem Aufwand gelang die wundersame Auferstehung.
Mehr im Falter 19/18