Spätgeborene hörten vom Dramatiker Wolfgang Bauer stets nur als legendärer österreichischer Szenefigur, deren Zenit längst überschritten war. Ehrenpreise heimste der Grazer (1941–2005) lange nach seinen hyperrealistischen Drogenkonsumstück „Magic Afternoon“ 1968 trotzdem ein, seine runden Geburtstage wurden im ORF zelebriert. Heimische Theater taten sich indes schwer, Bauers Texte zu spielen, während ausgerechnet in San Francisco seine abseitigsten Werke abgefeiert wurden. Die kürzlich erfolgte Uraufführung des vor drei Jahren aufgefundenen Stückes „Der Rüssel“ im Akademietheater verschafft Bauer derzeit neue Aufmerksamkeit.
Zur rechten Zeit erscheint die umfangreiche, satt bebilderte Biografie des Germanisten Thomas Antonic, der zuletzt auch den „Rüssel“ herausgab. Antonic hat sich tief ins Bauer-Universum hineingekniet und sein verrücktes Leben anschaulich beschrieben, aber auch Aspekte im Werk gefunden, die so geballt wohl noch nie gewürdigt wurden. So sieht er im Spiel mit Subjektivismus und Realitätsebenen, das sich durch Bauers Werk zieht, einen Vorläufer sogenannter Mindbender-Filme wie Christopher Nolans „Inception“. Der Begriff „mise en abyme“ spielt eine zentrale Rolle: ein Bild im Bild im Bild im Bild – unendlich.
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