Kabarettist Gunkl verrät, warum sein neues Programm ohne Trump auskommen muss
Zum Gespräch will Günther Paal alias Gunkl trotz Hitze lieber hinein – in den Raucherbereich des Cafés. Draußen ist es ihm zu laut. Der Kabarettist und bekennende Asperger-Autist weiß genau, was für ihn funktioniert und was nicht. Seit 1994 arbeitet er seine Soli auf die gleiche Art aus: Ab 1.1. schreibt er jeden Tag ein paar Zeilen, dann probt er, im September ist Premiere. Alle zwei, drei Jahre entsteht so ein neues Programm, das er stets stehend und stoisch einem treuen Publikum vorträgt, das weiß, was es an ihm hat.
Falter: Herr Paal, der Titel Ihres zwölften Solos lautet „Zwischen Ist und Soll – Menschsein halt“. Was bedeutet das?
Gunkl: Indem wir etwas tun, verändern wir den Ist-Zustand hin zu einem Soll. Was wir tun, tun wir immer, um Zustände herzustellen, die wir für besser halten als den davor. Das gilt auch, wenn wir einer Verpflichtung nachkommen. Wir hätten beide heute zu Hause bleiben können, aber dass wir hierhergekommen sind, ist besser.
So weit, so konfliktfrei. Wo liegt das dramatische Potenzial fürs Kabarett?
Gunkl: Darin, dass die Grundlagen, auf denen ein Soll gedacht wird, bei jedem unterschiedlich sind, diese Unterschiede aber nicht benannt werden. Die Legitimität eines Weges zu diesem Soll wird wieder auf unterschiedlichen Grundlagen gedacht. Außerdem haben wir sie uns nicht ausgesucht, die haben sich ergeben. Dennoch sind wir geneigt, im Nachhinein anzunehmen, dass „es so ist“, wie es uns vorkommt. Auch im Streit werden kategorisch andere Entwürfe nicht als kategorisch anders erkannt, sondern nur als Verformungen des eigenen Entwurfs.
Wie hat überhaupt je jemand eine fruchtbare Diskussion geführt?
Gunkl: Das liegt daran, dass wir dank der Evolution sehr viel mentalen und kulturellen Federweg haben. Untaugliche Systeme halten sich nicht. Wenn wir nur stur wären, hätten wir es nicht bis jetzt gebracht. Individuelle Abweichungen von dieser grundsätzlichen Nicht-Sturheit kann sich eine Welt leisten – eine Zeitlang.
Das klingt nach Trump. Konnten Sie widerstehen, ihn ins Programm aufzunehmen?
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