Rose Bernd – Karin Henkel inszeniert Henrik Ibsens Kindermörder-Drama bei den Salzburger Festspielen mit allen inneren und äußeren Versehrtheiten
Salzburg, 29. Juli 2017. Ein Raum wie ein ausgebranntes Kirchenschiff, eng und luftig zugleich: Überall finden sich Kreuze auf Volker Hintermeiers Bühne, in allen Formen und Dimensionen, das größte erstreckt sich auf dem Boden. Herunterhängende Mikrofone laden zum Rezitieren von Bibeltexten ein. Von der Seite durch das Gerippe hindurchleuchtend wird Hartmut Litzinger Stimmungen von erdrückender Schönheit ins Tragödienschwarz zaubern. Erst steht da noch: "Future is a fucking nightmare", in Frakturschrift, die eher Vergangenheit als Zukunft beschwört.
Gerhart Hauptmanns "Rose Bernd" aus dem Jahr 1903 birgt viel gegenwärtig Gestriges in sich, wenn man sich daran erinnert, dass etwa im Vorjahr die polnische Regierung, fest verwurzelt im Katholizismus, ein Abtreibungsverbot erwog. Fortschrittlich dagegen Bettina Hering, die neue Schauspielchefin der Salzburger Festspiele: Sie setzt dieses Jahr auf Regisseurinnen. Auf der Pernerinsel in Hallein inszeniert zunächst Karin Henkel, die schon zweimal mit naturalistischen Dramen von Hauptmann und Ibsen zum Berliner Theatertreffen eingeladen war, jeweils mit einer glänzenden Lina Beckmann.
Mit bloßen Händen das Kind erwürgt
Hier spielt Beckmann nun also die spätere Kindsmörderin Rose. "Jetzt sag halt was", möchte man ihr immer wieder zuzischen, denn sie sieht nicht sehr schwanger aus. Doch so oft sie auch betont, ihr sei "passiert a Unglicke", oder bei der Anmeldung zur Eheschließung in einen Eimer kotzt – die Männer, vom Vater bis zum Erpresser, kriegen nichts mit. "Ich bin stark", sagt Rose dann.