Die Schauspielerin Nancy Mensah-Offei über politische Korrektheit, Preise und Traumrollen
„Der Talisman“ ist eine der brisantesten Possen von Johann Nestroy: Titus Feuerfuchs, stets wegen seiner roten Haare ausgegrenzt, hat aufgrund einer Perücke plötzlich Erfolg im Leben. In der modernen Version des Theaters an der Gumpendorferstraße wird das karriereentscheidende Merkmal von der Haar- zur Hautfarbe und der Titus zur Titania. Gespielt wird sie von der Schauspielerin Nancy Mensah-Offei, 28. Provokanter Titel der neuen Produktion: „Weiße Neger sagt man nicht“.
Falter: Frau Mensah-Offei, Ihre Regisseurin Esther Muschol hat ihre „Talisman“-Überschreibung bei den Proben verworfen und mit dem Ensemble ein neues Stück entwickelt.
Mensah-Offei: Eine Woche haben wir recherchiert und Informationen eingeholt, darauf aufbauend Szenen improvisiert. Das geht sehr schnell, das Schwierige ist dann, alles zu wiederholen und dabei die Leichtigkeit zu wahren. Unser Setting ist ein Job-Assessment-Center, in dem sich meine Figur Titania bewirbt. Die Oberfläche im Arbeitsraum ist glatt, man versucht, sich keine Blöße zu geben, und spaziert auf Eiern, um sich nicht Rassismusvorwürfen auszusetzen. Alle versuchen, superkorrekt zu sein, aber hin und wieder brechen die Alltagsrassismen aus.
Welche eigenen Erfahrungen bringen Sie da ein?
Mensah-Offei: Bei mir kommt dazu, dass ich nicht nur schwarz und eine Frau bin, sondern auch eine Gehbehinderung habe. Außerdem kleide ich mich nicht gerade dezent. Wenn ich auf der Straße gehe, gibt es daher Blicke, das ist Alltag. Physische Gewalt erlebe ich zum Glück gar nicht und auch Kommentare eher wenig, weil ich in Linz in einer Bubble aus Familie und Freunden aufgewachsen bin. Aber es ist ja schon nicht in Ordnung, jemandem einfach in die Haare zu greifen. Dieser Respekt vor dem Körper ist ganz selbstverständlich vorhanden, außer bei Schwarzen.
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