mutterseele. dieses leben wollt ich nicht – Lina Hölschers Uraufführung des Familiendramas von Thomas Perle im Wiener Werk X
Die Zeiten haben sich geändert. Sah man im vergangenen Jahrzehnt ein Theaterstück mit weit unter 90 Minuten, wollte man einen Teil seines Eintrittsgeldes zurück. Oder nach der Pause noch ein zweites Stück sehen. Heute wird eher über Überlänge gemotzt.
Dazu besteht bei dieser freien Produktion im Werk X Eldorado tatsächlich kein Anlass. Die Uraufführung des im Rahmen des Autor*innenprojekts Wiener Wortstätten entstandenen Textes „Mutterseele. Dieses Leben wollt ich nicht“ von Thomas Perle in der Regie von Lina Hölscher dauert etwa 50 Minuten. Diese Flüchtigkeit macht es aber auch nicht leichter, den Abend so ernst zu nehmen, wie das darin verhandelte sozialpathetische Drama es zu verlangen scheint.
Der 1987 in Rumänien geborene Autor umreißt in seinem Stück die Geschichte der Alkoholikerin Rita und ihrer Tochter Marie. In knappen, sich entsprechend hastig auf die Negativspitze zubewegenden Dialogszenen arbeitet er sich von glücklichen Anfängen – die Eltern lernen sich in der Vergangenheit kennen, parallel trifft in der Gegenwart auch die Tochter eine neue Liebe – zum tragischen Ende vor, das da lautet: Hier Mutter totgesoffen, da Tochter vor lauter Angst, wie Mutter zu werden, doch keine Lust auf Familie.