Das Nichtrauchergesetz verbietet Rauchen auf der Bühne, doch die Wiener Theaterdirektoren wollen das nicht hinnehmen. Eine sehr österreichische Geschichte
„Sie dürfen hier nicht rauchen, das ist pietätlos“, tadelt Pater Finnegan die aufmüpfige Maude in Colin Higgins’ „Harold und Maude“ an den Kammerspielen. Sie befindet sich auf einem Friedhof. Der Gesundheit der umliegenden Passivraucher im Stück wird Maudes Qualmerei kaum schaden, höchstens jener des Publikums. Aber auch das nicht, denn sie qualmt gar nicht wirklich. Zwar schwärmt sie ihrem Freund Harold vom „dunklen Tabak, sehr würzig“ vor, aber ihre Zigarette bleibt unangezündet. Im Rahmen einer Inszenierung, die sonst prinzipiell auf realistische Darstellung setzt, sorgt das für Befremden.
Der Grund für diese szenische Inkonsistenz liegt ein knappes Dreivierteljahr zurück. Am 24. Mai 2016 erging ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit an die acht Landesamtsdirektoren der Bundesländer und den Wiener Magistratsdirektor. Man habe den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes mit der Klärung der Frage beauftragt, ob ein Rauchverbot auf Theaterbühnen dem Prinzip der Freiheit der Kunst widerspreche. Dieser sei zu dem Schluss gekommen: Nein, tut es nicht. Das Bundesgesetz zum Nichtraucherschutz, wonach das Rauchen in öffentlichen, geschlossenen Räumen verboten ist, gilt auch auf der Bühne, die ja mit dem Zuschauerraum eine räumliche Einheit bildet.
Seither wurde panisch als „neues Gesetz“ verdammt, was im Wesentlichen die Konkretisierung des Umstands ist, dass von einem bestehenden Gesetz keine Ausnahme gemacht wird. Die Medien wurden vorerst nicht konsultiert, aus Angst, Prinzipienreiter anzulocken wie jenen Stammgast des Burgtheaters, von dessen Brief Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann im Falter-Gespräch berichtet: „Sinngemäß heißt es darin: ,Sie haben 41 Stücke im Repertoire, in 29 davon wird geraucht. Ich habe alle Textbücher gelesen, in den wenigsten gibt es der Autor vor.‘“
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