Jette Steckels Ibsen-Abend „Ein Volksfeind“ beginnt still und schön: Vor einer leeren schwarzen Bühne taucht Joachim Meyerhoff als Badearzt Dr. Stockmann nackt aus einem Eisloch. Er tapst über die Bühne wie über einen zugefrorenen See, duscht und zieht sich in aller Ruhe eine Schicht nach der anderen an. Als er sich entfernt, wird breit der Stücktitel eingeblendet, als sähen wir einen Netflix-Vorspann.
Was dann folgt, hat zwar den Soundtrack (Musik: Friederike Bernhardt) einer guten Serie, aber nicht deren Spannung. Der Text des 135 Jahre alten Dramas wurde von Steckels Vater Frank-Patrick recht behäbig modernisiert. Dr. Stockmann hat herausgefunden, dass und warum das Badewasser vergiftet ist: hexavalentes Chrom. Die Bevölkerung, hier verkörpert durch riesenhafte Gartenzwerge, will von der Ökosünde nichts wissen, und auch die Kasperln der Lokalzeitung entscheiden sich zu schweigen. Doch alles wird gut in Steckels (des Vaters) Version: Der Schwiegervater (Ignaz Kirchner), dessen Gerberei am giftigen Wasser schuld ist, lenkt am Ende ein, weil ihm der nach ihm benannte Enkelsohn leidtut.
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