Ein großer Wurf in Graz: Claudia Bauers Inszenierung von „Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm“
Das Schauspielhaus Graz hat erstmals nach 2010 wieder gute Chancen, mit einer Inszenierung zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen zu werden. Das jährliche Festival versammelt die zehn bemerkenswertesten Produktionen im deutschsprachigen Raum. Der vielversprechende Grazer Kandidat ist die späte österreichische Erstaufführung des Werner-Schwab-Stücks „Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm“ durch Claudia Bauer. Die Regisseurin war für das letzte Treffen mit einer Arbeit nominiert, daher wird die Jury ihrem Folgewerk besondere Aufmerksamkeit widmen.
Ganz abgesehen davon, dass dieser Abend ein schieres Vergnügen ist. „Faust“ ist ein sogenanntes Coverdrama des 1994 jung gestorbenen Grazer Autors Schwab. Die gleichen Figuren wie bei Goethe verwenden Sprachkreationen wie „wissensunterfuchtelt“, „tötungsvolle Zellstruktur“ oder „rundlichkeitsverniedlicht“ und frönen existenzieller Sinnlosigkeit. Der Unterschied ist nur, dass Faust (Florian Köhler) nicht zu viel Bildung in sich hineingestopft hat, sondern massenhaft Alkohol und Wurstbrote. „Mein dicker Freund“, begrüßt ihn der gut durchtrainierte Mephisto (Benedikt Greiner), der hier das freundlichere Superhelden-Ich Fausts ist. Doch auch der Teufel kann ihn nicht retten: Die schwabsch-faustsche Selbstvernichtung obsiegt, am Ende hängen überall irgendwelche Gedärme aus Kostüm- und Bühnenbild.
Mehr im Falter 47/17