Es gibt Stücke, die sollte man nicht im Detail beschreiben, sonst raubt man ihnen den Kern und dem Publikum eine Erfahrung. „Grooming“ des Madrider Autors Paco Bezerra gehört dazu. Nicht einmal, ob es ein Thriller, ein Problemstück oder eine surreale Sexfantasie ist, sollte man vorab final klären. Fest steht: Esther Muschol hat den 2008 entstandenen Text im Theater Drachengasse zur österreichischen Erstaufführung gebracht.
Los geht es mit einer jungen Frau und einem älteren Mann auf zwei Spielplatz-Schaukeln über einem leicht verspiegelten Bühnenboden. Perversion liegt in der Luft. Zunächst redet er unablässig, während sie verschüchtert dasitzt und sich einmal eher hilflos beschwert: „Sie sind gar nicht sechzehn.“ Soweit alles klar, denkt man, denn Grooming ist ja der Fachausdruck für die sexuelle Anbahnung Erwachsener an Kinder und Jugendliche, insbesondere im Internet. Sogar der bisherige Chatverlauf zwischen den beiden wird zu Musik von Rupert Derschmidt eingeblendet. Vielgespielte Aufklärungsstücke für Jugendliche, etwa „Netboy“ von Petra Wüllenweber, können einem in den Sinn kommen.
Doch schon bald runzelt man die Stirn: Warum lässt sich das Mädchen – Carolina_16 nannte es sich im Chat – so viel gefallen? Warum flackert immer wieder das Scheinwerferlicht über der Bühne? Und wird die riesige Schwarzweiß-Wandzeichnung im Hintergrund, eindeutig dem Film „Alice im Wunderland“ nachempfunden, noch eine Rolle spielen? Zu sehen sind darauf die Beine eines Mädchens im Rock, das auf einer Wiese sitzt, und mehrere Häschen, die in Löcher hoppeln (Ausstattung: Ágnes Hamvas).