Die 26-jährige Schauspielerin Maresi Riegner hat gute Chancen auf den Nestroy-Theaterpreis
Andere Eltern drängen darauf, dass ihre Kinder etwas „G’scheites“ studieren, statt Theater zu spielen. Bei Maresi Riegner war es umgekehrt. Als sie mit 19 maturierte, konnte sie sich nicht zwischen einem Architektur- und einem Medizinstudium entscheiden, also ging sie, wie viele junge Wiener, erst einmal nach Berlin. Dann machte ihr ihre Mutter das Fach Schauspiel schmackhaft. Seit diesem Sommer ist Riegner diplomiert und für ihre allerersten beiden Bühnenrollen gleich als bester Nachwuchs für den Wiener Theaterpreis Nestroy nominiert, der am 13. November vergeben wird.
Ein Jahr lang bereitete sie sich mit privatem Unterricht auf die Aufnahmeprüfungen vor. Oft musste sie nicht vorsprechen, das „Kons“, die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, nahm sie mit Handkuss. Das ist nicht verwunderlich, denn Maresi Riegner hat etwas, das Regisseure und Casting-Leiter immer wieder verzweifelt suchen: Obwohl sie eine erwachsene Frau ist, geht sie problemlos als junges Mädchen durch.
„Am Anfang hat mich das voll geärgert“, gesteht Riegner. „Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, kann es besser annehmen und mich darüber freuen. Ich nehme an, dass ich irgendwann aufhöre, so jung auszusehen.“ Der Film gehe da großzügiger mit ihr um, ergänzt sie. Als Schieles Schwester Gerti in dem Film „Egon Schiele: Tod und Mädchen“ von Dieter Berner habe sie „schon so etwas wie eine Frau“ spielen dürfen. Die Rolle brachte ihr Anfang 2017 eine Nominierung für den Österreichischen Filmpreis ein. „Am Theater habe ich bisher nur Kinder oder 14-jährige gespielt.“
Das Besondere ist, dass Riegner trotz oder vielleicht gerade wegen des inneren Widerstands gegen diese Besetzung nach optischem Typ jede Mädchenrolle ganz unterschiedlich gestaltet. Dass ihr die Arbeit vor der Kamera lieber ist, merkt man an der nuancenreichen Mimik, die sie auch im Live-Spiel zeigt. „Ich mag es, mehr mit meinem Gesicht zu machen als mit meinem Körper“, sagt sie. Zuletzt beeindruckte sie in Volker Schmidts freier Produktion „Freiheit“ als trauriger Teenager mit beängstigend kluger Präsenz und beobachtenden Blicken. Ist Maresi Riegner auf der Bühne, lohnt es sich, vorn zu sitzen.
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