Vor 20 Jahren startete die freie Theaterszene durch. Wie sehen die Protagonisten heute den schwierigen Spagat zwischen Idealismus und Selbstausbeutung? Porträts: Martin Pesl und Sara Schausberger
Etwas muss 1997 in der Luft gelegen haben. Gleich drei freie Theater- und Performancegruppen wurden damals gegründet. toxic dreams, das bernhard.ensemble und theatercombinat. Abgesehen davon, dass sie heuer ihr 20-Jahre-Jubiläum feiern und ihre Namen klein schreiben, haben die drei Gruppen nur eines gemeinsam. Der Falter traf sie zu einem Roundtable-Gespräch ließ sie über ihre Anfänge sprechen und darüber, wie sich die Arbeit in der freien Szene verändert hat. Daraus entstanden folgende drei Porträts.
Bett und Bühne
Der israelische Regisseur Yosi Wanunu war vor 20 Jahren gerade dabei, sich in der New Yorker Theaterszene zu orientieren. Die Stadt gefiel ihm, aber im kommerziellen Theaterbetrieb konnte er nicht von seiner Arbeit leben. Widerwillig auf dem Rückweg nach Israel, lernte er die Vorarlbergerin Kornelia Kilga kennen.
Sie gründeten gleichzeitig eine Lebensgemeinschaft und eine freie Theatergruppe in Wien. Beide Bünde halten bis heute. Das Paar hat einen Sohn im Teenageralter, die Gruppe arbeitet mit einem Pool an freien Performern zusammen und erhält Förderungen der Stadt Wien. „Theatermachen als eine Form von Beziehung – es muss ja keine Liebesbeziehung sein – galt damals viel mehr als heute“, mein Kornelia Kilga. „Heute sehe ich viele Einzelkämpfer.“
Kilga kommuniziert als Produzentin und Dramaturgin nach außen, Wanunu ist der Autor und Regisseur. Wenn er im Gespräch „ich“ sagt, erinnert sie ihn schmunzelnd daran, dass es „wir“ heißen müsste. „Wien war damals eine sehr homogene, weiße, Deutsch sprechende Stadt mit einem bürgerlichen Theaterbegriff. Unsere Arbeitsweise bestand darin, mit einer Schere in diese Wiener Identität hineinzuschneiden“, sagen die Theatermacher.
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