Roppongi – In St. Pölten führt Julia Jost den unaufführbaren Josef Winkler auf
St. Pölten, 20. Januar 2017. Kärnten, Indien, Japan – das sind die Schauplätze von Josef Winklers "Roppongi. Requiem an einen Vater" aus dem Jahr 2007. Darin setzt er sich mit Begräbnisritualen in Varanasi in Indien und Kamering im Kärntner Drautal auseinander, mit dem Tod seines Vaters und der eigenen Abwesenheit von dessen Beerdigung.
Unglückliche Liebe der Theater
Wie die meisten Bücher des 1953 geborenen Georg-Büchner-Preisträgers ist "Roppongi" offen autobiografisch und lebt von der visuellen Kraft seiner Sprache und dem unmittelbaren Glanz seiner Prosa. Ein Mann, der den Ausdruck "karwochenviolette Krokodilstränen" zu ersinnen vermag, von dem muss man nicht verlangen, dass er sich spannungsgeladene Plots ausdenkt oder seine Werke penibel durchkomponiert. Von so einem Schriftsteller erwartet man auch nicht unbedingt Vorlagen für Szenisches, und doch verblüfft immer wieder (auch Josef Winkler selbst, wie er in einem Interview anmerkte), wie gerne die Theater auf ihn zurückgreifen. Die Uraufführung von "Roppongi" besorgte nun die Kärntner Regisseurin Julia Jost in der ersten Spielzeit von Marie Rötzer als Intendantin des Landestheaters Niederösterreich.
Entdeckung
Jost hat insgesamt vier Schauspielende besetzt, zwei Männer und zwei Frauen, die sich, alle ins gleiche fröhlichgelbe Seidenhemd mit rosa Blumen gekleidet, Winklers Ich-Erzählung aufteilen. Genauso gut hätte es aber bei einer Frau bleiben können: Katharina Knap spricht ihren Text mit einer Intensität und dringlichen Ernsthaftigkeit, dass man die dem Projekt "Mehr Winkler im Theater" inhärente Fragwürdigkeit vorübergehend vergisst.