Kunst und die Angst vorm Kommerz
Künstler verkaufen sich nicht auf klassische Art. Einer von vielen unkonventionellen, aber effektiven Wegen ist die jährliche Young Art Auction in der Wiener Albertina
Diesen Mai kam in New York Picassos „Les femmes d’Alger“ für 180 Millionen Dollar unter den Hammer. Das war Weltrekord. Ebenso hammermäßig, wenn auch jünger, aufregender und preislich überraschend anständig kann es hierzulande zugehen. Hat man sich also einen Designeranzug oder eine richtig zeitgeistige Uhr geleistet, warum nicht auch: Kunst?
Einer, der die Argumente für die richtige Sammeltätigkeit parat hat, ist Valentin Kenndler, Geschäftsführer von Artware. „Unsere Hauptaufgabe ist die Vermittlung“, erklärt er. „Österreich ist bestens aufgestellt, was Kunsthochschulen angeht – Angewandte, Bildende –, aber viele Absolventen stehen nach dem Abschluss plötzlich vor dem Nichts. Wir möchten den Einstieg in den Vertrieb erleichtern.“ So unterstützt und vermittelt Artware Künstler mit Potenzial, unabhängig davon, ob eine Galerie sie unter Vertrag hat.
Die „Eye-Candys“, die nur hübsch anzusehen sind, halten sich dabei weniger lang als die Kunst mit Inhalt, betont Kenndler. Immerhin will man sich ein Werk zu Hause aufhängen und sich Tag für Tag neu daran erfreuen können. „Wir kennen unsere Sammler sehr gut, suchen meist schon die zu ihnen am besten passenden Werke aus und machen sie ihnen schmackhaft, indem wir aufzeigen, was dahintersteckt.“ Dass man auf den ersten Blick allzu genau „versteht“, was das Kunstwerk aussagen will, ist dabei natürlich nicht erwünscht.
Genauso ein No-Go ist auf dem Kunstmarkt die klassische (Be)Werbung mit Portfolio und Motivationsschreiben. „Bei den Galerien entsorgt das schon die Assistentin.“ Der größte Horror für Künstler ist, den Eindruck zu erwecken, kommerzielle Trends bedienen zu wollen. Künstler müssen auffallen: durch Inhalt, aber auch durch Präsenz und eine Prise Exzentrik – und indem sie ins Gerede kommen, etwa durch A(u)ktionen wie die YAA, die Young Art Auction. Dazu sucht Artware jährlich 40 bis 50 Werke aus, die im Kunstmonat September in der Albertina ausgestellt und obendrein bei einer großen Abendveranstaltung unter interessierten Sammlern versteigert werden. Höchstens 35 Jahre dürfen die Künstler alt sein, wenn es ihre erste Teilnahme ist; einige gelten trotzdem schon als Shootingstars, andere sind richtige Entdeckungen.
Die YAA findet heuer zum zehnten Mal statt, am 9. September in der Albertina. Auf allen erdenklichen Materialien wurde mit allen erdenklichen Stilen Unterschiedlichstes geschaffen. Ein einheitlicher Stil ist nicht abzulesen. „Zum Glück!“, findet Valentin Kenndler, der das Programm von Anbeginn an mitkuratiert hat, diesmal gemeinsam mit Andrea Jungmann vom Auktionshaus Sotheby’s, Elsy Lahner von der Albertina und dem Unternehmer Martin Ohneberg. „Trends gehen bei uns höchstens in die Richtung: Ist die Malerei tot oder eh okay? Im Moment wird die klassische Malerei wieder höher geschätzt.“
Die Rufpreise liegen zwischen 300 und 3.900 Euro. Die Listenpreise, mit denen die Galerien oder die Künstler selbst ihre Werke beziffern, sind etwa doppelt so hoch, der finale Hammerpreis kann, wenn es für den Künstler gut läuft, einiges darüber liegen. Und doch: insgesamt eigentlich leistbar. Und in ein paar Jahren ja vielleicht viel, viel mehr wert? Die YAA ist eine geschlossene Gesellschaft für 200 Geladene, aber wer den Sammler oder Kunstinvestor in sich entdecken möchte, kann ja mal lieb fragen und hat gute Aussichten, auf die Gästeliste zu kommen und zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten laut „YAA!“ zu rufen.