Wajdi Mouawads „Vögel“ hat den Stoff eines Romanwälzers und ist doch wohlig dramatisch
Zwölf Jahre vor Martin Kušej feierte das Publikum im Akademietheater das Stück „Verbrennungen“ des libanesischen Autors Wajdi Mouawad. Die Inszenierung der bewegenden Familiengeschichte voller Geheimnisse vor politisch brisanter Kulisse erhielt mehrere Nestroypreise.
Mouawads neuestes Werk „Vögel“ bietet nun ein wohliges Déjavu. Denn das Genre des Erzähltheaters, wie es international und vor allem im anglophonen Raum zum Standard gehört, bot Österreichs größtes Theater seither eher selten. Reflektierte, eloquente Figuren erleben miteinander große Dramen, während sie der Vergangenheit auf die Spur kommen. Wie zufällig verhandeln sie dabei Themen wie den Nahostkonflikt oder die Frage, ob unsere kulturelle und religiöse Identität mit biologischer Abstammung verknüpft oder frei wählbar ist.
Der deutsche Genetikstudent Eitan verliebtsich in New York in die Muslimin Wahida. Als sein Vater David, Sohn eines nach Israel ausgewanderten KZ-Überlebenden, die Beziehung aus historisch begründetem Araberhass ablehnt, hält ihm Eitan den starken Satz vor: „1967, als der Samen deines Vaters deine Mutter befruchtet hat, es tut mir leid, aber da war kein KZ drin.“
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