Nach den Sportlern und den Handwerkern sind die Virtuosen des Schauspiels dran. In Martin Kušejs dritter Premiere als Intendant stellen sich Ensemblemitglieder vor, die künftig die großen Rollen am Burgtheater spielen werden. „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ ist eine Übernahme vom Residenztheater München.
Als Urmutter der theatralen Ehekriege aus 1962 war Edward Albees Dreiakter stilbildend: Ein Paar trägt seine Konflikte vor einem anderen Paar aus, wobei in der Regel viel Alkohol fließt. Die Stimmung bei George (Norman Hacker) und Martha (Bibiana Beglau) ist schon vor dem Besuch des etwas jüngeren Akademikerpaares höchst aggressiv aufgeladen. Kein Wunder, ist ihre Wohnung doch hier ein unmöblierter, schmaler Laufsteg vor einer Wand so weiß, dass man schneeblind wird (Ausstattung: Jessica Rockstroh). Als die Gäste (Johannes Zirner, Nora Buzalka) da sind, übt man sich zunächst im steifen Stehempfang. Es überzeugt, wie Kušej, der hier selbst Regie führt, die spätere Eskalation psychologisch aus peinlichen Gesprächspausen begründet. Noch während des ersten Aktes steigt der Alkoholspiegel dann über jegliche Zurückhaltung, man wird Zeuge eines kathartischen Ehekriegs.
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