„Unten am Fluss“ handelt von Klimaflucht, Krieg, Angst, Solidarität. Eine der größten Geschichten der Menschheit enthält fast keine Menschen. Bei Frith!
Wenn Menschen für ihre Kinder Geschichten erfinden und die dann verzückt sagen: „Das solltest du veröffentlichen, Papa“, dann sind meist Furcht und Schrecken angesagt – man denke nur an M. Night Shyamalan und einen Gutteil seiner Filme.
Im Falle von „Unten am Fluss“ ging die Sache erstaunlich gut aus. Der britische Weltkriegsveteranen und Ministerialbeamten Richard Adams nahm sie auch ernster als andere Märchenonkel: Seine auf einer langen Autofahrt begonnene Erzählung von einer Gruppe Wildkaninchen, die wegen (berechtigter) Vorahnungen ihr Revier verlässt, brachte er später nicht nur Schritt für Schritt zu Ende, als er seine Töchter in die Schule fuhr und abholte. Er setzte sich auch zwei Jahre hin und goss sie unter Hinzuziehung eines Sachbuchs über Kaninchen in einen Roman, die Mädchen immer wieder als Lektorinnen hinzuziehend und eine eigene Sprache für Begriffe erfindend, die nur in der lapinen Welt Sinn ergeben, etwa Silflay: „draußen essen“.
Dass die Verlage zunächst alle fanden, „Watership Down“ (so der Originaltitel) sei zu schwierig für kleine und zu kindisch für größere Kinder, empfand Adams nicht als schlimm, die Auftraggeberinnen waren schließlich zufrieden. Dann aber gab der Erfolg der peniblen Recherche und der Verniedlichungsverweigerung recht. Millionen Exemplare wurden verkauft, nicht einmal „Der weiße Hai“ verdrängte (zum Leidweisen von dessen Autor Peter Benchley) das Buch 1974 von Platz eins der Beststellerliste.
Wenn es jetzt in der – ebenfalls sehr erwachsenen – Neuübersetzung von Henning Ahrens neu erscheint, hat das mit dem 50. Jahrestag der Erstveröffentlichung zu tun, aber auch mit bitterer Aktualität, Stichwort: Artensterben, Stichwort: Klimaflucht. Der Grund für den Exodus der Kaninchen ist ein von Menschen zu erschaffendes Neubaugebiet. Das weiß der kleine Fiver zwar nicht, aber er spürt, dass Verderben naht. Und es finden sich einige Genossen, die seine Instinkte ernst nehmen.
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