Auf den Jumpsuit war immer Verlass. Einen blauen und einen grünen hatte sich Intendant Milo Rau von Kostümbildner Cédric Mpaka anfertigen lassen, die beide das Logo der diesjährigen Wiener Festwochen trugen. Darin fiel Rau im Publikum stets auf, nach vielen Premieren „jumpte“ er auf die Bühne, um aufs Rahmenprogramm hinzuweisen.
Die Mottos „Republik der Liebe“ und „V Is for loVe“ wurden in den fünf Festivalwochen erheblich herausgefordert. Erst scherzhaft – von Performer Benny Claessens, der im Rahmen des Gastspiels „Weiße Witwe“ von der Berliner Volksbühne aus der Rolle fiel und aussprach, was alle (leicht genervt) dachten: Das Wort „Love“ beginne nicht mit „V“, sondern mit „L“!
Andererseits aber auch bitterernst: Ein Amokläufer tötete an einem Grazer Gymnasium zehn Menschen. Wie sollte man da noch munter weitermachen und an die Liebe als Wundermittel für alles glauben?
Die Wiener Festwochen taten es und brachten ihr Programm durch. Hochkarätige internationale Gastspiele, zwei mehrtägige Kongresse, Eigenproduktionen und Uraufführungen.
Als Festivalzentrum diente dabei das ehemalige Funkhaus des ORF im zentralen vierten Bezirk, ein Ort, an dem früher viele Beiträge auch für diesen Sender entstanden. Seit unter Protesten der Belegschaft der Rundfunk an den Stadtrand zog, steht das Gebäude leer und wurde im Rahmen der Festwochen für Partys und Konzertegenutzt- und vor allem kongenial für die immersive Performance-Installation „Das Letzte Jahr“ der Gruppe Signa adaptiert. Die schon etwas angegilbten Gänge und Besprechungsräume der Rundfunkanstalt gingen problemlos als Pflegeheim durch, in dem die Teilnehmenden ihr letztes Lebensjahr simulierten: eine brillant durchkomponierte, emotional bewegende Arbeit über Vergänglichkeit und Verfall.
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Kultur heute
Moderation: Maja Ellmenreich
Mittwoch, 18. Juni 2025, 17:35 Uhr, Deutschlandfunk