Um die Arbeit des Duos Davi Pontes & Wallace Ferreira zu verstehen, eignet sich eine Anekdote: Beim Gastspiel ihrer neuesten Arbeit «Repertório N.3» im Museum für moderne Kunst zum Wiener Festival «ImPulsTanz» begegnete der Kritiker einer Freundin und ihrer adoleszenten Tochter F., die in den Sommerferien «auch ein bisschen Kultur» erleben sollte. Allzu genau dürfte die Mutter das Programm aber nicht studiert haben. Denn das kurze Stück besteht hauptsächlich darin, dass die beiden männlich gelesenen Personen vor den Zusehenden posieren – nackt.
Mit einem gewissen Amüsement ließ sich also beobachten, wie die entsetzte F. die Show hindurch beschämt ins Handy starrte.
Pontes und Ferreira stammen aus Brasilien. Ihre «Repertório»-Reihe beschäftigt sich mit Formen von Gewalt, besonders gegen queere Menschen. In der neuesten, der dritten Folge, Ende 2023 in São Paolo uraufgeführt, treten die beiden dieser erfrischend selbstbewusst entgegen und stellen die Offenheit ihrer jeweiligen Gegenüber augenzwinkernd auf die Probe. Im slalomähnlichen Gleichschritt, sogar im gleichen Rhythmus ein- und ausatmend, begeben sie sich in den vom Publikum gebildeten Kreis.
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