Édouard Louis schreibt über seinen verstorbenen Bruder.
Mit kaum 22 Jahren erlangte Édouard Louis einen Welterfolg, als er in „Das Ende von Eddy“ schonungslos seine Kindheit und Jugend in einem queerfeindlichen, rassistischen Milieu aufarbeitete. Sein Halbbruder, das erfahren wir in Louis’ neuestem autofiktionalen Werk, drohte nach der Veröffentlichung, mit einem Baseballschlager nach Paris zu kommen und ihn totzuschlagen. Louis zog sicherheitshalber für ein paar Tage ins Hotel.
„Der Absturz“ ist gänzlich dem namentlich nie genannten Bruder gewidmet. Als dieser 38-jährig stirbt, hat der Erzähler ihn seit neun Jahren nicht gesehen. Nun plagt ihn – vor allem wegen der gemeinsamen Mutter – das Gewissen, obwohl er den Bruder, einen hoffnungslosen Alkoholiker, nie geliebt hatte. Er ruft dessen Ex-Freundinnen durch, stellt ihnen und sich Fragen. Warum etwa schien der Bruder Schwule noch aggressiver zu hassen, als das soziale Umfeld es ohnehin nahelegte?
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