Mit seinem Dessauer "Hamlet" war Regisseur Philipp Preuss 2023 beim Berliner Theatertreffen. Jetzt zeigt er in Saarbrücken Borcherts Kriegsheimkehrerdrama "Draußen vor der Tür". Und kokettiert erneut mit der Endlosigkeit.
14. Januar 2024. Na, das könnte ja ganz nett werden. Im Orchestergraben sitzen die Musiker:innen an ihren Instrumenten, feierlich gekleidet. Als der Eiserne hochgeht, gibt er einen weiteren Vorhang frei, in dem gleichen Lachsrosa, in dem das Saarländische Staatstheater außen angeleuchtet wird. Bloß besteht die Band aus Schaufensterpuppen (auf dem Klavier liegt ein loser Arm). Die sieben echten Menschen hingegen, die nun in pastellfarbener Ballkluft die Bühne betreten, nehmen einander an den Händen und verbeugen sich. Mit seinem endlos geloopten "Hamlet" fuhr Philipp Preuss zum Theatertreffen 2023. Seine neueste Inszenierung beginnt mit einem Ende. Das Publikum, wiewohl ratlos, klatscht.
Der Aufschrei einer ganzen Generation
Denn nett soll das hier natürlich nicht werden. Wolfgang Borcherts Nachkriegsklassiker "Draußen vor der Tür" ist ein einziger allegorischer Albtraum des Soldaten Beckmann, der aus der russischen Kriegsgefangenschaft nach Hamburg zurückkehrt. Seine Frau hat einen Neuen, sein Kind ist tot, und er leidet an posttraumatischer Belastungsstörung, wie wir heute sagen würden. Deutschland aber gibt sich froh, denn der Krieg ist ja vorbei.
Wenn Gott und Tod kommentieren, wie Beckmann in die Elbe steigt, um sich umzubringen, wandert der Text dieses Vorspiels bei Philipp Preuss großteils in die Übertitel, während Raimund Widra und Jan Hutter in Stepptanzschuhen ein flottes Duett hinlegen.
Dann erst tritt der Hauptdarsteller nach vorn. Das steife Bein des Kriegsversehrten spielt Michi Wischniowiski mit, die Gasmaskenbrille bleibt der Imagination überlassen. Aus einem Eimer besudelt er sich selbst mit Schlamm. Viel an diesem Abend wird Wischniowiski an der Rampe stehen und Beckmanns kurze, sich oft Stakkato-artig wiederholenden Sätze senden, bitter und anklagend, groß und präsent. Im Alleingang verkörpert dieser Schauspieler den "Aufschrei einer ganzen Generation", als der "Draußen vor der Tür" in seiner Entstehungszeit galt.