Seit Beginn seiner Schreibkarriere stellt sich Joël Dicker Aufgaben. Bei seinem neuesten Werk „Die Affäre Alaska Sanders“ bestand sie darin, die Trilogie um den Schriftsteller Marcus Goldman zu vollenden.
„Ich habe keinen Plan“: Das ganze Interview mit Joël Dicker gibt es hier zu lesen:
Keine Frage, dieser Mann könnte auch Fitnesstrainer oder Lebensberater sein. Mit gewinnendem Strahlen empfängt Joël Dicker an einem Montagvormittag per Zoom in Genf, wo er seit seiner Geburt vor 38 Jahren wohnt. Wir erhalten Einblick in sein Arbeitszimmer mit prall gefüllten Bücherregalen, soweit erwartbar für einen Autor. Was ihn aber doch deutlich von dem Klischee des Bücherwurms und Schriftstellers abhebt, ist dieses Fehlen jeglicher Kaputtheit, jeglicher Verbrauchtheit, jeglichen Gezeichnetseins vom Leben. Dicker trägt einen Kapuzenpulli, gut möglich, dass er gerade von seiner morgendlichen Joggingrunde kommt.
Die leichte Verspätung, für die er sich entschuldigt, erklärt er mit Verbindungsproblemen. Dass er sich mit den Tücken der Technik herumplagt, will man ihm fast nicht glauben, ihm, der so perfekt zu funktionieren scheint in dieser Welt. Andererseits passt gerade das wiederum zu seinem Werk, in dem es oft um lang zurückliegende Verbrechen geht. Seine Figuren in der Gegenwart der Nuller- und Zehnerjahre verhalten sich meist auch nicht anders als jene aus den Rückblenden in die Siebziger oder Neunziger. Sie benutzen Festnetztelefone und besuchen die Archive von Zeitungsredaktionen, statt im Internet zu hängen.
Anlass der Begegnung ist Joël Dickers neuester Roman „Die Affäre Alaska Sanders“ – ein Krimi, natürlich, auch wenn der Verfasser selbst das nicht so sieht. „Es gibt zwar Morde und Ermittlungen, die wesentlich zur Spannung beitragen“, sagt er, „aber meine Bücher sind nicht um die Verbrechen herum aufgebaut, sondern um die Charaktere. Die Krimihandlung ist nur ein praktisches Werkzeug, um all diese Menschen zusammenzubringen.“
Sie sei hier dennoch kurz umrissen: Die titelgebende Affäre begab sich 1999 in einem beschaulichen Ort namens Mount Pleasant an der amerikanischen Ostküste. Eine Joggerin fand die von einem Bären angeknabberte Leiche einer jungen Frau, Alaska Sanders. Ihr Exfreund wurde verhaftet, gestand den Mord und belastete auch seinen besten Freund als Komplizen, doch kam es unmittelbar danach zu einem tödlichen Massaker im Verhörraum. Der zuständige Polizist Perry Gahalowood entging dem Unglück nur zufällig: Da seine Frau gerade entbunden hatte, durfte er den Abend bei ihr verbringen.