In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
Endlich einmal etwas Interessantes. Dieser Gedanke begleitet die Beschäftigung mit vielen Schurken, den fiktiven ebenso wie den echten (nur so konnte Trump Präsident werden). Im 18. Kapitel seines epochalen und doch unvollendeten Werks „Der Mann ohne Eigenschaften“ lässt Robert Musil einen Frauenmörder namens Christian Moosbrugger auftauchen.
An diesem Schurken ist vieles besonders: zunächst, dass er von der Hauptfigur Ulrich – und folglich dem Autor – keineswegs als Antagonist wahrgenommen wird, vielmehr als Geisteskranker, dem es zu helfen gilt. Aus einer vagen Fürsorge heraus (nicht Sensationslust, nein, nein) will Ulrich Moosbrugger unbedingt kennenlernen, etwas für ihn tun. Ein Zugang zu Sexualstraftätern, wie er heute eher befremdlich erscheint. Das wiederum sagt einiges über die schiere Zahl an entsetzlichen Fällen dieser Art aus, die knapp 93 Jahre nach dem Erscheinen des „MoE“ die Boulevardzeitungen fluten.
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