Leonce und Lena wollen nicht arbeiten, so viel ist bekannt. Aber jetzt müssen sie. Denn in Rebekka Davids Version des Büchner-Klassikers sind sie Firmenerben wider Willen. Wie eh und je bleibt da nur die Flucht. Aber in Italien ist Klima und überall sowieso: Kapitalismus. Große Konfusion!
5. November 2023. Es gibt schlechtere Intendanzstarts als den von Andrea Vilter am Schauspielhaus Graz. Beide Eröffnungsproduktionen auf der großen Bühne erregten weit mehr überregionale Aufmerksamkeit, als sie österreichischen Theatern außerhalb von Wien gewöhnlich zuteil wird: die Uraufführung nach 245 Jahren ebenso wie Jelinek auf der Raumstation.
Arbeit nervt
Die Latte liegt also hoch für Rebekka David an Premierenposition Numero drei. Die in Österreich bisher unbekannte Regisseurin (*1993) verquirlt Georg Büchners einziges Lustspiel mit Eigenem zu einem Stück mit dem Titel "Leonce und Lena – nowhere to run". Lehnten Prinz und Prinzessin im 19. Jahrhundert noch die Heirat ab, ist ihnen heute die Übernahme des Familienunternehmens zuwider. Arbeiten? Lieber Dolce far niente.
Durchaus 19. Jahrhundert erzählen die sattroten Gemächer (Bühne: Robin Metzer) und rüschigen rosa Kostüme (Anna Maria Schories) der beiden Rich Kids. Ganz vorne an der Rampe wohnen sie – nebeneinander, durch Plastikvorhänge in ihren jeweiligen Imperien isoliert. Rechts hockt Leonce von Popo, links schlägt Lena von Pipi die Zeit tot. Sie steigert sich mutwillig in die unglückliche Liebe zu einem Stier, er treibt Unfug mit seinem Diener Valerio (Mario Lopatta). Er bejubelt sich schrill jauchzend selbst, sie applaudiert ihrer Gouvernante (Annette Holzmann), die sie unnötigerweise herbeigerufen hat.