Ingolstadt in Salzburg: Koen Tachelete verheiratet zwei 100 Jahre alte Texte von Marieluise Fleißer miteinander. Nachdem die Premiere wegen Corona-Erkrankungen im Ensemble erst verschoben und dann umbesetzt wurde, zeigen die Salzburger Festspiele jetzt eine schwimmende Bühne voll mit dichten Dialogen und unzähligen Mitwirkenden. In der Inszenierung von Ivo van Hove wird klar: Ingolstadt ist ein übles Pflaster.
2. August 2022. Dass Ingolstadt ein übles Pflaster ist, machte Marieluise Fleißer mit ihren Texten vor knapp 100 Jahren klar. Heute, nur gut 200 km und ein Bundesland weiter, erzählen die Salzburger Festspiele davon – mit Verzögerung. Für Mittwoch war die Premiere von "Ingolstadt" auf der Perner-Insel in Hallein angesetzt, am Dienstag wurde sie abgesagt: zu viele Corona-Fälle im Ensemble.
Umbesetzt
Der neue Termin fällt mit dem Tag zusammen, ab dem Infizierte in Österreich nicht mehr in Quarantäne müssen. Entsetzt bis amüsiert fragte man sich, ob man wohl FFP2-Maskierte auf der Bühne sehen würde? Aber nein: Blitzartig wurde umbesetzt. Für drei Spieler musste jemand einspringen, möglicherweise ist ab der zweiten Vorstellung wieder die Originalbesetzung am Start, jedenfalls aber im Herbst, wenn die Produktion ins Wiener Burgtheater umzieht.
"Fegefeuer in Ingolstadt" war 1926 ein großer Erfolg, Fleißers Mentor Bertolt Brecht drängte sie daraufhin zum Verfassen der Komödie "Pioniere in Ingolstadt" und griff in diese zugunsten seines epischen Stils brachial ein. Die verzahnende Fassung des Dramaturgen Koen Tachelet will den "Pionieren" nun Atmosphäre zurückgeben. Zwar teilen sich die zwei Stücke kein Personal, aber sie spielen im selben katholisch-kalten Universum, wo jede menschliche Annäherung ein "big deal" ist: Ingolstadt.