Die Whistleblowerin Reality Winner deckte den russischen Einfluss auf die US-Politik auf. Und landete dafür im Gefängnis. Ein Gespräch über FBI-Verhöre, Galgenhumor und die Gefängnisindustrie
Ihr Name ist so real, dass manche es nicht glauben können. Aber Reality Winner braucht kein Pseudonym, berühmt wollte sie nie werden. Jetzt ist sie es doch, als die Person, die die bisher längste Haftstrafe aufgrund des US-Spionagegesetzes von 1917 abbüßen musste.
Aufgrund ihrer Farsi- und Paschtu-Kenntnisse und ihrer Vergangenheit hatte die gebürtige Texanerin hatte Zugang zu Geheiminformationen. Im Mai 2017 druckte Winner in einem Moment der Wut auf Trumps Amerika ein Verschlussdokument aus, das eine russische Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2016 beschrieb, schmuggelte es aus dem Gebäude, in dem sie arbeitete, und schickte es an das Aufdeckermedium The Intercept. „Es wird so viel geleakt, warum nicht das?“, dachte sie.
Wenige Wochen später stand das FBI mit einem Durchsuchungsbefehl vor ihrem Haus in Augusta, Georgia. Auf dem Transkript der 68-minütigen Vernehmung, die FBI-Agent Garrick auf Tonband aufnahm, basiert die Produktion „Is This a Room“ der New Yorker Theatergruppe Half Straddle (Premiere 2019), das nach Erfolgen in der Off-Szene am Broadway gezeigt wurde und ab Montag auch bei den Wiener Festwochen zu sehen ist.
Das Falter-Gespräch mit der Whistleblowerin findet per Zoom statt. Reality Winner sitzt im Wohnzimmer des Hauses ihrer Mutter in Süd-Texas. Als sie dorthin im Juni 2021 nach vier Jahren Gefängnis entlassen wurde, musste sie noch eine Fußfessel tragen. Die wurde ihr im November abgenommen, andere Bewährungsauflagen – 22 Uhr Ausgangssperre, regelmäßige Urinproben und Überwachung – gelten bis November 2024. Reality Winner hat einiges zu sagen über das Justizsystem der USA und die Ungerechtigkeiten, die ihr widerfahren sind. Aber sie bleibt dabei stets ruhig, freundlich und humorvoll.
Das Interview finden Sie im Print im Falter 23/22, als Audio (auf Englisch) im Falter-Podcast.