In meinem 2016 erschienenen „Buch der Schurken“ versammelte ich 100 der genialsten Bösewichte der Weltliteratur in einem Minilexikon. Einige blieben dabei auf der Strecke. Schändlicherweise. Hier begleiche ich nach und nach die schurkische Schuld.
Die Instinkte sprechen von Anfang an gegen Bonaparte Blenkins. Die Straußen jagen ihn (und: ihm einen Heidenschrecken ein), kaum, dass er Tant’ Sannies Farm betreten hat. Der treue Hund, Doss, knurrt, und die kleine Lyndall durchschaut und verachtet ihn auf den ersten Blick. Jahre später wird sie, frisch aus dem Mädchenpensionat zurückgekehrt, eine feministische Rede von visionärer Weisheit halten (1883! in Südafrika!), für die allein sich schon die Lektüre von Olive Schreiners faszinierender „Geschichte einer afrikanischen Farm“ lohnt. In dieser Rede wird sie Bonaparte Blenkins treffend als „menschgewordenen Riesenmagen“ beschreiben, zu einem Zeitpunkt, als der Schurke längst das Weite gesucht und der Roman ohne seine Intrigen einen ruhigeren, geradezu existenzialistischen Pfad eingeschlagen hat.
Beinstell-Ben nannten sie ihn als Kind in Irland wegen seiner Fähigkeit, unauffällig ein Bein vorzustrecken und andere zum Sturz zu bringen. Man darf davon ausgehen, dass alle anderen Heldentaten des Hochstaplers, der sich selbst für das „cleverste Kerlchen“ hält, ebenso erfunden sind wird seine innige Gottesfürchtigkeit und die Verwandtschaft mit Napoleon, der er seinen Vornamen verdanke. Nur aufgrund der naiven Urwüchsigkeit der Farmgesellschaft schafft es der selbst eher einfältige Blenkins als dahergelaufener Zufallsgast, allseits Mitleid zu erwecken: Er habe eine kranke Frau! Oh weh, nun sei seine Frau gestorben! Vom Gast wird er zum Schulmeister der anwesenden Kinder erhoben, schließlich zum Aufseher mit Herrschaftsansprüchen.
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