Roland Schimmelpfennig schreibt einen Krimi und entdeckt den Berliner Street-Poeten in sich
Wer hätte das gedacht? Nachdem der gediegene Dramatiker, jeden Beistrich zelebrierende Regisseur eigener Werke und sprachlich filigrane Erzähler Roland Schimmelpfennig jüngst als Kinderstückeschreiber debütierte, legt er nun eine Art Berlin-Krimi vor. Zumindest der Handlungsbogen von „Die Linie zwischen Tag und Nacht“ lässt diese Bezeichnung zu: Der Ich-Erzähler entdeckt im Zuge eines Raves eine Frauenleiche im Kanal, zieht sie ans Ufer und versucht herauszufinden, wer sie war und was es mit ihren aquarellartigen Tätowierungen auf sich hat.
Dieser Tommy war einmal bei der Polizei, ist aber längst vom Drogenfahnder zum Drogenkonsumenten abgerutscht. Seine auf eigene Faust aufgenommene Suche nach der Identität der Toten treibt ihn durch ausufernde Erinnerungen und durch ein so buntes wie brutales Gegenwartsberlin, in dem es erschreckend vielen Menschen, die das nicht verdient haben, auf ästhetisch überhöhte Weise dreckig geht.
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