Ein mit Butter beschmierter Programmzettel zu einer Premiere im Burgtheater voller Wortspiele rund um Fett und Butter von einem, der sich Ferdinand Schmalz nennt. Der Interviewer, hauptsächlich Theaterkritiker, erinnert sich noch gut an den ersten Eindruck vom damals neu aufkommenden Dramatiker: ein Schelm, der die Sprache liebt, so sehr, dass sie Wirklichkeit wird. Etwa eineinhalb Jahre nach der österreichischen Erstaufführung von „am beispiel der butter“ kam es dann anlässlich von „der herzerlfresser“ zum ersten Gespräch mit dem Autor, der wach und freundlich alle Fragen beantwortete und ohne Gram davon sprach, wie ein Freund ihn einst als Walross skizziert hatte – worauf Schmalzens Künstlername zurückgeht.
Wieder fünf Jahre, zahlreiche Bühnenerfolge und einen 25.000 Euro schweren Ingeborg-Bachmann-Preis später geht es im zweiten Interview um den Debütroman von Ferdinand Schmalz. „Mein Lieblingstier heißt Winter“ ist die Ausarbeitung des gleichnamigen Klagenfurter Siegestextes aus 2017. Wie in Schmalzens Stücken schwirren kuriose Außenseiter/innen durch die Landschaft, Tiere und Nahrung spielen ebenfalls eine große Rolle. Hauptsächlich geht es aber ums Sterben. Die seltsamen Begebenheiten, denen der Tiefkühlwarenvertreter Franz Schlicht auf die Spur kommt, haben mit einem keineswegs ablehnenden, aber alternativen Todesverständnis zu tun.
Buchkultur: Inwiefern sind die beschriebenen Praktiken eines »neuen Zugangs« zum Tod reine Erfindungen von Ihnen – oder haben Sie Zugang zu Menschen, die entsprechende Experimente durchführen? Ich musste an die Kryonik denken, die ihrerseits den Tod zu überwinden sucht.
Ferdinand Schmalz: Ich wollte ja ein paar Recherchetouren zu Leuten machen, die behaupten, den Tod überwunden zu haben. Das war durch die Coronakrise leider nicht möglich. Aber das Internet bietet zum Glück ja allen die Möglichkeit, über den eigenen Kanal Botschaften zu senden. DIY-Jungbrunnenbau, Eigenurintherapie, Selbstmumifizierung. Da kommt man schnell in Bereiche, die einfach zu verrückt sind, um sie in eine fiktive Geschichte einzubauen.
Was sind Ihre Gedanken zur sehr angesagten Strömung des Transhumanismus? Die Figur, die sich der Kontrolle über das eigene Leben entledigen will, ist ja zum Beispiel eigentlich eine Art pervertierter Transhumanist?
Es gibt diese Stelle im Roman, an der der Tiefkühlkostvertreter Franz Schlicht darüber sinniert, dass er in Zukunft mit Organen durch die Gegend fahren wird. Aber dass sich das nur manche leisten können, dass manche sich alles ausgetauscht haben werden, während andere sich nicht mal die Zahnprothese leisten können. Transhumanismus wird es nicht auf Rezept für alle geben. In manchen Regionen oder Schichten wird sich die Lebenserwartung sogar drastisch verringern, während andere den Tod hinauszögern können, während sie sich in die Stratosphäre schießen lassen. Es gibt ja dieses Fragment von Brechts Salzburger Totentanz, da tritt ein Tod auf, der Geld nicht riechen kann.