Gootopia – Tanzquartier Wien – Doris Uhlich kittet unser Leben
Wien, 15. Oktober 2021. Ein ganz mutiger Besucher hat sich mitten auf die Bühne gesetzt. Er darf das: Das Raumkonzept der neuen Arbeit von Doris Uhlich in der Halle G des Tanzquartiers Wien sieht klar vor, wo das Publikum sich frei bewegen darf und wo die sechs Performer:innen. Als Grenze schlängelt sich ein niedriger Steg durch den Bühnenraum, aber auch bis hinauf an die oberste Stufe der Tribüne. Umgeben von größeren und kleineren Eimern hockt der Mann also auf dem Boden, auf Augenhöhe mit der Performerin Camilla Schielin, die bereits zum Einlass nackt durch die ersten Schleimspuren robbt.
Fluidität
Schleim ist das große Thema, der Untersuchungsgegenstand dieser Performance. Uhlich, einer von Österreichs wichtigsten Tanz / Performance-Exporten, hat die glibbrige Substanz massenhaft synthetisch herstellen lassen und nach dem umgangssprachlichen englischen Wort dafür ihren Titel gewählt: "Gootopia". "Fluidität von Körpern und Körpergrenzen ist seit längerem ein zentrales Thema des zeitgenössischen Tanzes", begründet sie im Ankündigungstext sehr nachvollziehbar ihr künstlerisches Interesse am Schleim. An anderer Stelle heißt es: "Schleim ist ein uns ursprünglich vertrauter Stoff, zu dem wir im Laufe des Lebens meist den Bezug verlieren. Er kittet den Organismus, stellt Verbindungen her. In der Pandemie ist er gegenwärtig zu einem Stoff geworden, der mit Angst behaftet ist."