Zertretung – 1. Kreuz brechen oder Also alle Arschlöcher abschlachten – Volkstheater Wien – Kay Voges inszeniert Lydia Haiders ersten Teil einer Reihe der Verbalvernichtung
Wien, 14. Oktober 2021. Lydia Haider jettet gerade von einem Volk zum anderen. An der Berliner Volksbühne gestaltet sie eine monatliche Performancereihe, während Direktor Kay Voges sie am Volkstheater Wien sogar zur Hausautorin ernannt hat. Dabei war die 1985 ebenda geborene selbsternannte "Feminazi" bisher nicht als Dramatikerin in Erscheinung getreten. Lediglich ihre Erzählung Am Ball, in dem die Gästeschar des FPÖ-nahen Akademikerballs splatter-style niedergemetzelt wird, diente als Vorlage für Inszenierungen in Wien und Klagenfurt. Davor kannte man Haider vor allem als vermeintlich Babykatzen tretenden Sidekick von Stefanie Sargnagel, mit der sie gemeinsam der Frauen-Burschenschaft Hysteria und dem Kollektiv Wiener Grippe angehört.
Das Arschloch in der U-Bahn
Angesichts ihrer ersten Uraufführung in der Dunkelkammer – einem kleinen, elliptischen Raum ganz oben im Volkstheater, der früher Schwarzer Salon und noch früher Plafond hieß – lässt sich sagen: Eine Dramatikerin ist Lydia Haider immer noch nicht. Sie schreibt Suaden, die das Theater ob ihrer Musikalität durchaus dankbar annimmt. Teil eins ihrer geplanten Serie "Zertretung" mit dem Titel "Kreuz brechen oder Also alle Arschlöcher abschlachten" hat mit "Am Ball" gemein, dass darin Personen, die dies in den Augen der Autorin verdient hätten, grausam zu Tode kommen. Eine Liste von Männern vom ÖVP-Politiker Andreas Khol bis zum "Arschloch in der U-Bahn" wird einer nach dem anderen verbal aufs Schafott geführt, in blumig-obszöner Sprache abgekanzelt und dann auf mehr oder weniger originellem Wege exekutiert (nur nicht Baumeister Richard Lugner, der würde gerne abgeschlachtet werden, darf aber nicht und stirbt sodann gemeinerweise eines natürlichen Todes).