Gehen Datscha-Einöde aus dem vorletzten und Fernsehkomik aus dem letzten Jahrhundert zusammen? „Onkel Wanja – Die Sitcom“ dauert keine Minute, da hat man diese Frage schon mit ja beantwortet: In Tschechow-Stücken passiert über vier Akte verteilt eh so wenig, dass man es getrost auf 90 Minuten eindampfen kann. Den Rest dieser Zeit verbringt der verblüffte Zuschauer damit, zu wetten, ob das gesamte Ensemble diesen belämmerten pseudo-„rjussischen Akzjent“ allen Ernstes bis zum Ende durchziehen wird.
Autorin Julia Edtmeier hat die wichtigsten Figuren des Originals in eine Wohngemeinschaft gepackt, die ästhetisch in den späten Achtzigern steckengeblieben ist und auch sonst – typisch Tschechow – nicht vom Fleck kommt. Die fleißige Sonja liebt den (lausigen, nicht mal Blut sehen könnenden) Arzt Astrow, aber der hat nur Augen für sich selbst oder höchstens noch für die kühle Jelena, die mit einem tattrigen Professor verheiratet ist. Auch Sonjas Cousin Wanja steht auf Jelena, nur kann das nix werden, denn wenn Wanja auch nur versucht, vom Sofa aufzustehen, kommt vom Band, das verlässlich die Sitcom-Lacher einspielt, ein undefinierbares und äußerst besorgniserregendes Geräusch (also lieber nicht). Auf dem Teppich hockt seit gefühlt Hunderten Jahren der gutmütige Telegin, dessen Geschichte, wie seine Frau ihn am Tag nach der Hochzeit verließ, die anderen immer wieder aufs Neue köstlich amüsiert.
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