Kudlich in Amerika – Schauspielhaus Wien – Elsa-Sophie Jach & Thomas Köck zeigen einen "carbondemokratischen Spaghettiwestern"
Wien, 11. Januar 2020. Nobody ist ein Cowboy, und zwar ein nihilistischer. "All things are made of something, the no-thing", sagt er in Gestalt des Schauspielers Jesse Inman, und später singt es der Musiker Andreas Spechtl auch melancholisch vom Band. Irgendwie haben die Figuren am Ende des neuen Stücks von Thomas Köck keine Lust mehr. Gerade noch gaben sie die Devise "nie vergessen" aus, dann folgt die Erinnerung "wir sterben alle", nämlich in dem Fall wirklich alle, wegen des klimabedingten Niedergangs, an dem – soweit man den einige Szenen zuvor von Til Schindler hinauskatapultieren Dystopien der "Carbon Democracy" folgen kann – Kapitalismus, Kohlenutzung und die Suche nach Öl schuld sind.
Kudlich, die zweite
Womit wir wieder im wilden Westen wären, wo Köck und seine Regiepartnerin Elsa-Sophie Jach ihre Uraufführung am Schauspielhaus Wien szenisch verorten. "kudlich in amerika oder who owns history – ein carbondemokratischer spaghettiwestern" heißt der zweite Teil der sogenannten Kronlandsaga und die Fortsetzung des ebenfalls hier 2016 uraufgeführten Textes “kudlich (eine anachronistische puppenschlacht). Köck und Jach führten damals zwar nicht Regie, haben am Haus seither aber bereits ein Stück gemeinsam inszeniert: “Die Zukunft reicht uns nicht (Klagt, Kinder, klagt!)” geriet 2017 zu einem luziden Dialog zwischen einer Schauspielerin und einem geradezu magisch präzisen Jugendchor.
Im Vergleich zu diesem Meisterstück musste der sperrige Kudlich-Stoff wohl verlieren. Vom Reichstagsabgeordneten, dem die Bauern der österreichischen Monarchie im Zuge der Revolution 1848 ihre Freiheit verdanken, lernt man in Österreich wohl irgendwann im gymnasialen Geschichtsunterricht, hat ihn in der Regel dann aber auch bald wieder vergessen. Historisch verbürgt ist, dass Hans Kudlich vor einem Todesurteil nach Amerika floh. Getrost als Fiktion kann verbucht werden, dass er dabei hundert Jahre später auf einem Filmset in Texas landete, wo ihn die verärgerte Besetzung aus Liz Taylor und Co. für einen "rebel without a cause", nämlich James Dean hielt. Clara Liepsch spielt Kudlich, erklärt am Ende aber, dass es um den ja gar nicht gegangen sei und sie ihn nur "durchgespielt" habe.