Alia Luque kombiniert Sophokles’ antiken Tragödienstoff mit avantgardistischer Klavierkunst
Diese Kritik von Johannes Gaisfuss, Petra Kriechenbauer, Tanja Stadler, Sabrina Waldbauer und Sabrina Weinzettl entstand im Club der KritikerInnen am Landestheater Niederösterreich unter der Leitung von Martin Pesl
Nebel und Rauch. Nur ein Klavier auf der Bühne. Die katalonische Regisseurin Alia Luque setzt auf Reduktion, wenn sie mit „Ödipus“ und „Antigone“ zwei große sophokleische Tragödien um Schuld, Macht und Untergang kombiniert. In den Versionen von Heiner Müller und Bertolt Brecht begegnen uns die beiden Herrscher nicht als Opfer missgünstiger Götter oder gar des Schicksals: Ihr Untergang ist selbstverschuldet.
Anfangs ist nur die Musik des Klaviers zu vernehmen, alle Charaktere sitzen oder liegen auf der sich dauerhaft drehenden Bühne (Ausstattung: Christoph Rufer). Fast schon starr erscheinen die in Gold gekleideten und von einem immer heller werdenden Scheinwerfer beleuchteten Akteure. Das zentrale Element ist der Flügel, der virtuos von der bekannten Jazzpianistin Johanna Borchert bespielt wird. Sie improvisiert, spielt auf Tasten, zupft an den Saiten, klopft an den Rahmen und begleitet die Schauspieler ununterbrochen. Das sechsköpfige Ensemble übernimmt mit minimaler Gestik und dezenter Mimik teilweise Doppelrollen, jeweils differenziert durch eine Leuchtschrift über der Bühne.
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