Mette Edvardsens Oper „Penelope Sleeps“ ist keine Oper, aber beglückt
Machen fachfremde Künstler Oper, runzeln eingefleischte Fans die Stirn. Mette Edvardsen hatte es aber eh nie so mit Genregrenzen. Bei den Festwochen zeigt die Norwegerin ihr Projekt „Time has fallen asleep in the afternoon sunshine“, bei dem Menschen Bücher auswendig lernen. Außerdem bringt sie mit dem Komponisten Matteo Fargion „eine Oper“ heraus. Beim Kunstenfestivaldesarts in Brüssel, wo „Penelope sleeps“ uraufgeführt wurde, war denn auch oftmals ein Schnauben in der intimen Ruhe des Raumes zu vernehmen. Das waren die Opernfreunde.
Dabei singt Angela Hicks, neben Edvardsen und Fargion die Dritte auf der Bühne, eigens komponierte Arien, und das wunderschön. Was zur Oper fehlt, sind Kulissen und große Gesten. Das Publikum schart sich eingangs um drei auf dem Bühnenboden verteilte Menschen. Die längste Zeit liegen alle nur da. Irgendwann beginnt Edvardsen, in nüchternem Ton eine – durchaus launige – Geschichte zu erzählen, wie ihr Vater daran scheiterte, eine Spinne aus dem Gästezimmer zu entfernen. Langsam rappelt sich nun Musiker Fargion zu seinen Instrumenten auf, es folgt Hicks’ erste Arie über die Absurdität des Vergehens von Zeit, immer noch im Liegen. Im Laufe des Abends verändern sich die Positionen des Dreiergespanns, aber nicht sehr.
Die titelgebende Penelope wartete 20 Jahre auf ihren Ehemann Odysseus, wies alle Freier ab und wob an einem Totentuch, das sie immer wieder auflöste. Edvardsen las sich in den Mythos ein, hat sich aber längst assoziativ davon entfernt. Nur einmal klingt er scheinbar eindeutig an, in einem Lied übers Weben: „I weave from inside of myself, how can I explain this to others?“ Doch einige Strophen später stellt sich heraus, dass es eigentlich von der schwedischen Textilkünstlerin Hannah Ryggen handelt. Ärgerlich? „I’m not sorry“, wiederholt eine der Arien immer wieder, das Augenzwinkern kann man sich dazudenken.
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